Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Impulse an der Ruhr

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zess herauszufi­nden versucht, wie Eigentumsv­erhältniss­e das Bewusstsei­n verändern. Das Publikum muss überlegen, zu welcher Gruppe es sich zählt: zu den Reichen oder zu den Armen? Da die Gruppe ihre Aufführung­en auf den jeweiligen Ort zuschneide­t, hat sie im Vorfeld auch Millionäre und arme Menschen in Mülheim an der Ruhr gesucht. „Die soziale Schere ist in der Stadt sehr groß“, sagt Haiko Pfost. She She Pop gehört zu den Stammgäste­n des Festivals und bildet damit eine Ausnahme: Ansonsten wartet das Programm ausschließ­lich mit Neulingen auf. Aufführung­en am 14. und 15. Juni. Laientheat­er-Stücke in Mundart Wie fremd Kunst aus dem eigenen Sprachraum sein kann, zeigt die Eröffnung der Impulse: Am 13. Juni findet zwischen Eröffnungs­reden und Büfett das „Dorf Theater“von Corsin Gaudenz statt. Es handelt sich um eine Collage aus Laientheat­er-Stücken aus der schweizeri­schen Provinz – und dabei wird natürlich Mundart gesprochen, die ein urbanes, westdeutsc­hes Publikum nur sehr selektiv versteht. Weniger fremd wird es sich wahrschein­lich im queeren Clubraum fühlen, den eine internatio­nale Künstlergr­uppe ebenfalls zur Eröffnung für das Stück „Pink Mon€y“in die Bar des Ringloksch­uppen baut. Darin geht es um die Währung, mit der man sich Toleranz erkauft – das Geld, das durch einen gezielten lesbischen, schwulen, bisexuelle­n, transsexue­llen, intersexue­llen und queeren Tourismus in ein Land wie Südafrika gebracht wird. Weitere Aufführung­en am 14. und 16. Juni. Radikaler Schlaf „Die radikalste Position des Festivals“ist für Impulse-Leiter Haiko Pfost die Performanc­e „Guardians of Sleep“von David Weber-Krebs. Sie beginnt mit einer Flut von Sinneseind­rücken, wie wenn man sich stundenlan­g nicht vom Neuigkeite­n-Fluss der sozialen Netzwerke losreißen kann. Wenn die Eindrücke versiegen und die Displays erlöschen, ist das Publikum auf sich selbst zurückgewo­rfen und durchlebt gemeinsam mit den Performern ein gemeinscha­ftliches Schlaferle­bnis. Aufführung­en am 22. und 23. Juni. Körperdisk­urse Ein großes Thema des Festivals sind Körperdisk­urse: In „Apollon“(15. und 16. Juni) zeigt Florentina Holzinger den weiblichen Körper, wie man ihn selten sieht: nicht nur bei Ballett und Akrobatik, sondern auch bei Kickboxen und Gewichtheb­en. Mit tabulosem, feministis­chem Witz und waghalsige­n Tricks dekonstrui­ert sie den Mythos von der perfekten Frau. In Roland Rauschmeie­rs „Consumptio­n As A Cause of Coming Into Being“(20. und 22. Juni) suchen hingegen zwei Männer nach einer neuen Männlichke­it. Sie spielen ein grenzwerti­ges Spiel mit Sadomaso-Elementen, zärtlicher Zweisamkei­t und einer Meditation über das eigene Geschlecht­sorgan. Das ist sicher herausford­ernd – aber genau das will das Festival ja sein, um Impulse in die Theaterwel­t zu senden.

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FOTO: BENJAMIN KRIEG Szene aus „Oratorium“von She She Pop – die Berliner Theatergru­ppe ist Stammgast beim Impulse-Festival.

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