Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bald ist das Ur-Schiffchen wieder da

- VON HANS ONKELBACH

Für Sterne-Koch Jean-Claude Bourgueil bedeutet Alterszeit, dahin zurückzuke­hren, wo er in den 1970er Jahren am mittelalte­rlichen Markt in Kaiserswer­th begonnen hat.

Mit 71 Jahren entdeckt Jean-Claude Bourgueil die Altersteil­zeit für sich. Anders gesagt: er wird zwar auch künftig am Herd stehen (jedoch nicht mehr täglich), dennoch mehr Zeit für sich und seine Familie haben. Damit das gelingt, verkleiner­t er sein Restaurant in Düsseldorf­Kaiserswer­th. Dort betreibt er zur Zeit genau genommen zwei gastronomi­sche Betriebe: in der ersten Etage des mehrere hundert Jahre alten Hauses am mittelalte­rlichen Markt das „Restaurant im Schiffchen“und im Erdgeschos­s das Enzo. Bald wird er oben nur noch für fest gebuchte Events öffnen und unten in der Küche fürs „Im Schiffchen by Enzo“weniger oft ein Sößchen anrühren.

Dies soll keineswegs das Ende des bei Gourmets berühmten Restaurant­s sein. Eher so etwas wie zurück zu den Wurzeln, seinen Wurzeln. Damals, in den 1970 und -80er Jahren, als er in Düsseldorf anfing und in Kaiserswer­th sein eigenes Restaurant eröffnete, gab es nur den Gastraum im Erdgeschos­s – das UrSchiffch­en, sozusagen. Erst später ging man nach oben, aus rein bautechnis­chen Gründen. Unten war es zu beengt, einen Stock höher konnte man nach eigenen Ideen die Räume gestalten. Über Jahre hieß das Restaurant-Duo Aalschokke­r (unten) und Im Schiffchen (oben).

Es waren bewegte Zeiten. Die Punkte des Guide Michelin kamen, ab Mitte der 1980er Jahre sogar oben drei und unten einer. Damit war Bourgueil der einzige Koch in Europa, der – genau genommen – gleichzeit­ig mit vier Sternen ausgezeich­net war, und das 19 Jahre lang.

Aber die Zeiten änderten sich. Wo früher alle Vorstände der deutschen Bank und anderer Konzerne – Egon Overbeck (Mannesmann), Berthold Beitz (Krupp), Alfred Herrhausen und Friedrich W. Christians (Deutsche Bank), Klaus Zumwinkel (Post) – gerne und vermutlich auf Spesen speisten, gingen im Laufe der Jahre die Nachfragen zurück. Bourgueil: „Wir verdienen immer noch gutes Geld, aber nicht so wie in den 80er und 90er Jahren.“Aber auch heute noch gebe es Gäste, die am Ende mehrere tausend Euro auf der Rechnung stehen haben.

Damals kochte er für Tom Jones und Depeche Mode (die mit Gänseleber so gar nichts anfangen konnten), er begrüßte Hollands und Schwedens Könige und Königinnen, bewirtete Formel-I-Rennfahrer wie Michael Schumacher und den Düsseldorf­er Modezaren Albert Eickhoff.

Dass er nunmehr seit acht Jahren mit der Japanerin Miyuu (41) verheirate­t ist, merkt man an seinen Speisenkar­ten – gern lässt er aus feinem grünen Teepulver das Bild des den Japanern heiligen Berges Fujiyama auf Vorspeisen-Teller stäuben.

Er hat 250 Rezepte für Kartoffelg­erichte im Kopf, kann eine bretonisch­e Ente von einer aus Deutschlan­d schon unterschei­den, wenn er sie aufschneid­et und liebt Frikadelle­n oder hartgekoch­te Eier in Senfsauce mit Püree. Deftiges zu kochen und zu genießen hat er damals, als Kind, bei der Großmutter in der Nähe von Tours gelernt. Eine Erfahrung, die ihn bis heute prägt: Gut kochen kann man am Ende nur mit den besten Zutaten. Dass dies teuer sein kann und viele das nicht mehr zu schätzen wissen, hat ihn dazu bewogen, in Zukunft mit weniger Aufwand, aber auf keinen Fall schlechter zu kochen.

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