Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Die SPD rückt nach links
Es war eine historische Wahlniederlage bei der Landtagswahl, und die NRW-SPD hat sich noch lange nicht von ihr erholt. Über ein Jahr lang war die Partei vor allem mit sich selbst beschäftigt. Das könnte sich jetzt ändern. Auf dem Landesparteitag hatte die Partei erstmals wieder den Mut zu neuen inhaltlichen Impulsen. Von einer großen Sozialstaatsreform war dort die Rede und davon, die Sozial-Ausgaben insbesondere für sozial Benachteiligte zu erhöhen. Auch will die NRW-SPD ihre Position zu Hartz IV überdenken, manche sagten gar, überwinden. Damit würde die Partei endgültig auch mit der Agenda 2010 brechen, die nicht wenige für die aktuelle Misere der Partei maßgeblich verantwortlich machen.
Der wichtigste Landesverband der SPD rückt damit deutlich nach links. Der NRW-SPD bleibt auch kaum eine andere Wahl, wenn sie auf Dauer von Armin Laschets CDU unterscheidbar bleiben will. Dieser Linksruck kann nicht ohne Auswirkungen auf die Bundespartei bleiben. In Berlin allerdings dürften den Genossen aus NRW einige harte Kämpfe bevorstehen, etwa mit dem rechten Parteiflügel.
Der Erdogan-Staat
Natürlich sind Meinungsumfragen keine absolute Wissenschaft, und der Höhenflug der türkischen Opposition in den Wahlprognosen spiegelte vielleicht nicht die ganze Wirklichkeit wider. Trotzdem kann man die Zweifel an dem sich gestern abzeichnenden Durchmarsch von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und seinem Wahlbündnis bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sehr gut nachvollziehen. Für Erdogan ist der Machterhalt nach 15 Jahren an den Schalthebeln der Türkei zum Selbstzweck geworden. Man darf befürchten, dass er auch zu unlauteren Mitteln greifen würde, um sie zu verteidigen.
Die starke Mobilisierung der Türken bei diesenWahlen hat gezeigt, dass ihre Demokratie weiter lebendig ist – trotz der anderthalb Jahrzehnte, in denen sich Erdogan und seine AKP das Land bereits weitgehend untertan gemacht haben. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist: Nun hat der Präsident die Möglichkeit, diese Demokratie endgültig durch einen autokratischen Erdogan-Staat zu ersetzen. Das sollte eigentlich selbst seinen glühendsten Anhängern Angst machen.