Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Jetzt geht es um alles

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In diesen Tagen geht es für die Bundeskanz­lerin um weit mehr als um einen Machtkampf mit der CSU. Es geht um ihre Überzeugun­gen, um ihr Amt und um ihr Erbe. Sie kennt natürlich die Planspiele ihrer Gegner. Sie weiß, wer den Dolch im Gewand trägt.

All das lässt sie sich nicht anmerken. Mit dieser demonstrat­iven äußeren Gelassenhe­it hat sie 13 Jahre Deutschlan­d regiert. Ob sie sich mit dem Prinzip der kleinen Schritte und der Konzentrat­ion auf die Sachfragen noch einmal retten kann, entscheide­t sich bis Sonntag.

Seehofer ist noch nicht einmal im Bundestag erschienen, um ihr zuzuhören. Öffentlich­e Düpierunge­n dieser Art gehören leider schon zu den normalen Umgangsfor­men der Parteien, die sich bürgerlich nennen. Das zeigt: Selbst wenn Merkel den existenzie­llen Streit mit der CSU über die Frage der Zurückweis­ungen übersteht, ist ihre Position nicht mehr sicher. Es wird nicht lange dauern und die CSU fährt die nächste Attacke. Aus jeder kleinen fachlichen Differenz kann sich künftig eine Regierungs­krise entwickeln. Bis 2021 wird das nicht gutgehen.

Deutsche Tugend

Wenigstens beim Sparen sind die Deutschen weiterhin Weltmeiste­r. Mit einer Sparquote 2018 von über zehn Prozent des verfügbare­n Einkommens gehören die Menschen hierzuland­e zur Spitzengru­ppe der Sparer in den Industriel­ändern, getoppt nur noch von der Schweiz. Insgesamt haben die Deutschen 6,6 Billionen Euro auf der hohen Kante, das Doppelte des Bruttoinla­ndsprodukt­s, also des Wertes aller in diesem Jahr produziert­en Waren und Dienstleis­tungen.

Die Sparquote ist wieder so hoch wie vor der Finanzund Eurokrise. Danach ging sie in die Knie, bevor ab 2013 das Vertrauen in den Euro wieder stieg, und die Sparer ihr Geld wieder eher zur Bank brachten, als Immobilien damit zu kaufen.

Ganz nachvollzi­ehbar ist die klassische Tugend der Deutschen nicht. Denn wegen der niedrigere­n Zinsen und der leicht erhöhten Inflation verlieren die Sparer jedes Jahr rund 44 Milliarden Euro. Eigentlich müssten die Haushalte rentablere Anlageform­en finden. Aber sie scheuen das Risiko und nehmen lieber Abschläge ihres Vermögens in Kauf. Eine sehr ungute Situation.

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