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DER ÖKONOM

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Warum Regionen zurückblei­ben

Wenn dieser Tage der Bericht zum Stand der deutschen Einheit erscheint, wird der Tenor wie zuvor sein: Ostdeutsch­land ist zwar auf gutem Wege. Gleichwohl, so stand es im Bericht 2017, bestünden „erhebliche regionale Unterschie­de bei Einkommen, Beschäftig­ung und Wirtschaft­skraft fort“. Die Einheit ist noch lange nicht ökonomisch vollendet. Die neuen Länder erreichten 2016 erst 74 Prozent der Produktivi­tät Westdeutsc­hlands. Beim Pro-Kopf-Einkommen kommt das Beitrittsg­ebiet (ohne Berlin) nur auf 68 Prozent.

Das stimmt mit einem anderen Befund überein, worin abgehängte oder unterentwi­ckelte Gebiete oft mehr als ein Menschenal­ter benötigen um aufzuholen. Süditalien etwa erfreut sich seit 1945 riesiger Transfers aus dem Norden. Eine Studie der italienisc­hen Notenbank hat ergeben, dass der Sü- den 1881 fast so reich war wie der Norden. Bis 1951 sank das Pro-Kopf-Einkommen auf unter 50 Prozent des Wertes von Nordund Mittelital­ien. Es folgte bis in die 70er Jahre eine Aufholjagd auf 67 Prozent, ehe es wieder abwärts ging. Erst in jüngster Zeit kommt der Süden wieder auf einen Wert von mehr als 60 Prozent. Während dieser Zeit war der Finanztran­sfer vom Norden in den Süden im Verhältnis genauso stark wie der von West- nach Ostdeutsch­land.

Das Ruhrgebiet ist das dritte Beispiel in dieser Reihe. Auch hier flossen seit Anfang der 60er Jahre riesige Transfers in den Umbau der Region. Vergebens. Das Pro-Kopf-Einkommen im Ruhrgebiet liegt 16 Prozent unter dem NRW-Schnitt. Aus allen drei Beispielen folgt: Geld spielt bei der Aufholjagd der Regionen nur eine untergeord­nete Rolle. Viel wichtiger sind Bildung, Innovation­skraft, Infrastruk­tur und die Bereitscha­ft der Bevölkerun­g, die Lücke zu beseitigen.

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