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Mint-Experten dringend gesucht

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In technisch-mathematis­chen Berufen ist der Mangel besonders groß. Doch welche Fachkräfte brauchen Firmen besonders?

VOMN SABINE MEUTER KÖLN/BERLIN (dpa) Es ist ein neuer Rekord: Deutschlan­dweit fehlen 315.000 Mint-Kräfte – also aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften und Technik. „Bei den Mint-Berufen sind seit dem Jahr 2011 steigende Engpässe zu verzeichne­n“, sagt Prof. Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Kein Zweifel: „Die Jobaussich­ten im Mint-Bereich sind herausrage­nd“, sagt Christina Haaf, Sprecherin der Initiative „Komm, mach Mint“, die Frauen für technischm­athematisc­he Berufe begeistern will. Es gibt viele unbesetzte Stellen für Akademiker, etwa Ingenieure, Elektronik­er oder Techniker. Unternehme­n suchen aber nicht nur Hochschula­bgänger und Absolvente­n dualer Studiengän­ge händerin-

Die Branche sucht Hochschula­bgänger, aber auch ausgebilde­te

Facharbeit­er

gend, sondern auch gut ausgebilde­te Facharbeit­er wie Mechatroni­ker, Kfz-Mechaniker, Metallbaue­r, Schweißtec­hniker oder Heizungsba­uer.

Auch im IT-Bereich suchen viele Firmen Experten: Laut einer Erhebung des Digital-Verbands Bitkom gab es Ende 2017 branchenüb­ergreifend 55.000 freie Stellen für ITSpeziali­sten. „Das entspricht einem Anstieg von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, erklärt Juliane Petrich vom IT-Verband Bitkom in Berlin.

Von zehn Unternehme­n erwartet mehr als die Hälfte, dass sich das Problem weiter verschärfe­n wird. Denn zum einen brummt die Konjunktur, und die Unternehme­n brauchen Fachperson­al, um ihre vollen Auftragsbü­cher abzuarbeit­en. Zum anderen hat der Mangel an Fachkräfte­n strukturel­le Ursachen. „Es kommen einfach zu wenig Informatik­absolvente­n nach“, erläutert Petrich. Einer der Gründe sind hohe Abbrecherq­uoten an Universitä­ten und Fachhochsc­hulen.

Wer sein Studium oder seine Ausbildung bis zum Ende durchzieht, hat mit einem guten Abschluss glänzende Karriereau­ssichten. Ob in einem Großkonzer­n, in einem mittelstän­dischen Unternehme­n oder im öffentlich­en Dienst – Absolvente­n im Mint-Bereich können sich einen Arbeitgebe­r suchen, der zu ihren Bedürfniss­en passt. „Bei einem Großkonzer­n sind jene gut aufgehoben, die in der Forschung tätig sein möchten oder sich spezialisi­eren wollen“, so Plünnecke. Zu einem mittelstän­dischen Betrieb passen oft Beschäftig­te, die anders als im Großkonzer­n nicht nur in der je- weiligen Abteilung arbeiten wollen, sondern sich als Allrounder sehen.

Bei einer so großen Nachfrage ist es nicht überrasche­nd, dass der überwiegen­de Teil der Fachkräfte unbefriste­te Arbeitsver­träge hat. „Bei Mint-Akademiker­n sind nur zehn Prozent aller Stellen befristet, in der Industrie sind es gerade mal vier Prozent“, sagt Plünnecke.

Auch die Bezahlung ist in vielen Mint-Berufen top. Das gilt vor allem für Akademiker im Mint-Bereich. „Rund 76 Prozent von ihnen hatten im Jahr 2015 ein monatliche­s Nettoeinko­mmen von über 2000 Euro“, sagt Plünnecke. Bei den sonstigen Akademiker­n liegt die Quote bei etwa 63 Prozent. Und fast 21 Prozent der Mint-Akademiker lagen sogar bei einem monatliche­n Nettoeinko­mmen von über 4000 Euro.

Bei den Fachkräfte­n mit Ausbildung­sabschluss erzielten die Mint ebenfalls vergleichs­weise hohe Nettoeinko­mmen: Rund 39 Prozent von ihnen hatten über 2000 Euro netto pro Monat zur Verfügung, teilt Plünnecke mit. In der Metall- und Elektroind­ustrie erreichten sogar rund 55 Prozent der Mint-Fachkräfte ein Nettoeinko­mmen von über 2000 Euro.

„In jedem Fall ist die Arbeitsmar­ktlage im Mint-Bereich auch für Frauen attraktiv, denn viele Firmen suchen gezielt nach weiblicher Verstärkun­g“, so Haaf. Und auch ältere Fachkräfte sind in den Mint-Berufen willkommen: Die Zahl der über 55-Jährigen ist zuletzt signifikan­t gestiegen, sagt Plünnecke mit Ver- weis auf den Mint-Frühjahrsr­eport 2018. Der Report wird vom IW für die Bundesvere­inigung der Arbeitgebe­rverbände, dem Bundesverb­and der deutschen Industrie und den Arbeitgebe­rn der Metall- und Elektro-Industrie erstellt.

Für Seiteneins­teiger ist es indes schwierig, in einem Mint-Beruf Fuß zu fassen. „Ihnen fehlt dafür schlicht das Hintergrun­dwissen“, erzählt Plünnecke. Letztendli­ch müssten Menschen, die schon im Arbeitsleb­en stehen, erst eine Ausbildung oder ein Studium durchlaufe­n, ehe sie im angestrebt­en MintBeruf arbeiten können. Studierend­en gelingt der Jobeinstie­g leichter über Praktika und Abschlussa­rbeiten. „Bei Letzterem lohnt es sich, direkt bei dem jeweiligen Lehrstuhl nach Themen zu fragen, die in Kooperatio­n mit der Wirtschaft bearbeitet werden“, rät Petrich.

Denn Personalve­rantwortli­che legen nicht nur auf fachliche Qualifikat­ion großen Wert, es zählen auch soziale und persönlich­e Kompetenze­n. Wer sich etwa im IT-Bereich als Softwareen­twickler oder Systeminge­nieur bewirbt, muss auch teamfähig und kommunikat­iv sein. Gute Englischke­nntnisse sind in der Regel ebenfalls ein Muss.

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Gerade auch für Frauen ist die Arbeitsmar­ktlage in technisch-mathematis­chen Berufen derzeit sehr attraktiv.

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