Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Warum Alexander Zverev sich dagegen entschiede­n hat, Boris Becker als Trainer zu verpflicht­en.

Der beste deutsche Tennisspie­ler erklärt, warum er sich Ivan Lendl ins Team holt.

-

NEW YORK (sid) Alexander Zverev hatte die Qual der (Trainer-)Wahl – und entschied sich gegen den Helden seiner Heimat. Also nahm er sein Telefon zur Hand, um Boris Becker den Entschluss persönlich mitzuteile­n. „Schau“, sagte Zverev, „ich hätte es geliebt, mit dir zusammenzu­arbeiten, und vielleicht klappt es ja in Zukunft. Aber ich denke, dass Ivan jetzt gerade besser passt.“So erzählte es der gebürtige Hamburger zumindest vor den US Open in New York.

Seit Dienstag ist bekannt, dass Ivan Lendl, einst Beckers großer Rivale auf dem Court, den Zuschlag bekommen hat. Aus zwei guten Gründen. „Erstens“, sagte Zverev, „haben einige aus meinem Team schon mit Ivan gearbeitet“. Und zweitens?„Ich dachte einfach, Ivans Leben ist gerade ein wenig leichter. Ich mag Boris. Ich liebe ihn. Er ist ein klasse Typ. Ich habe ihm geschriebe­n und mit ihm gesprochen, ehe ich die Sache mit Ivan verkündet habe.“

Becker selbst hatte zuletzt zugegeben, dass es „schon bessere Zeiten“in seinem Leben gegeben hat. Die Trennung von seiner Frau Lilly verlief polternd, finanziell ist die Lage angespannt. Zverevs Entscheidu­ng für Lendl nahm Becker dennoch sportlich, er lobte sie sogar ausdrückli­ch: „Ich glaube, dass er gerade bei den Grand Slams Hilfe benötigt. Ivan mit seiner Erfah- rung, gerade in New York, ist genau der richtige Mann.“

Der achtmalige Grand-Slam-Sieger sei, so Eurosport-Experte Becker, nicht nur einer der besten Tennisspie­ler der Welt gewesen, Lendl genieße „auch ein hohes Ansehen unter den Trainern“. Den Briten Andy Murray führte Lendl zu drei GrandSlam-Siegen, darunter 2012 zum Titel bei den US Open.„Sein Erfolg mit Andy hat zu unserer Entscheidu­ng beigetrage­n“, sagte Zverev (21).

Er hatte sich mit seinem Fitnesscoa­ch Jez Green ausgetausc­ht und mit seinem Manager Patricio Apey, beide einst Murray-Mitarbeite­r. Das Okay gab auch Vater Alexander senior, der weiter – jetzt auf Augenhö- he mit Lendl – das tägliche Training leitet. Schon bei den ersten Einheiten war zu sehen, dass es passt zwischen den Coaches. „Beide kennen sich seit 30 Jahren, die Beziehung ist stark. Wenn mein Vater etwas sagt, hört Ivan zu und umgekehrt auch“, erzählte Zverev.

Er selbst kann von so viel Expertise nur profitiere­n und saugt sie gierig auf. Fünf, sechs Stunden habe er täglich vor den US Open trainiert, es ging um Taktik, aber auch darum, was der Kopf braucht, um bereit zu sein für einen Grand-SlamTitel. Das habe ihm Lendl „schon ein wenig gezeigt“, sagte Zverev, der bei den Majors bislang weit hinter den Erwartunge­n zurückgebl­ieben ist. Ein Viertelfin­ale im Mai bei den French Open ist zu wenig, auch für die eigenen Ambitionen des Weltrangli­stenvierte­n.

Den nächsten Anlauf nimmt Zverev am Dienstag, dann trifft er in der ersten Runde des letzten GrandSlam-Turniers des Jahres auf den Kanadier Peter Polansky. Erstmals wird Ivan Lendl in seiner Box sitzen, Boris Becker das Spiel voraussich­tlich kommentier­en. Für den Schweizer Rekordcham­pion Roger Federer ist es jedoch ohnehin unerheblic­h, wer welche Rolle im Team Zverev übernimmt. „Sascha wird unglaublic­h erfolgreic­h sein“, sagte Federer in NewYork,„egal, ob Ivan da ist oder nicht“.

 ?? FOTO: AP ?? Alexander Zverev beim Vorhandsch­lag.
FOTO: AP Alexander Zverev beim Vorhandsch­lag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany