Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Von wegen herrliche Zeiten in Leverkusen

Bayer 04 hinkt nach der 1:3-Niederlage gegen Wolfsburg den eigenen Ansprüchen mal wieder hinterher.

- VON SEBASTIAN BERGMANN LEVERKUSEN

Vor einigen Wochen wurde im Trainingsl­ager der Werkself nicht nur viel trainiert, sondern auch viel geredet - über Ziele, Möglichkei­ten und Wünsche. Bei einem Thema waren sich die Spieler und Trainer Heiko Herrlich einig: Der Saisonstar­t sollte besser als in der vergangene­n Spielzeit werden, in der Bayer 04 sich nach drei Spieltagen und nur einem Zähler plötzlich auf einem Abstiegspl­atz wiederfand. Nach der 0:2-Auftaktple­ite in Mönchengla­dbach und dem 1:3 (1:1) gegen den VfL Wolfsburg am Samstag ist dieses Ziel bereits verfehlt. Und der erneute Fehlstart perfekt.

„An unseren Ambitionen hat sich nichts geändert“, sagte Bayers neuer Geschäftsf­ührer Fernando Carro nach der misslungen­en Heimpremie­re in der BayArena. Damit meint der 53-Jährige konkret die anvisierte Rückkehr in die Champions League. Der Auftritt der Leverkusen­er am zweiten Spieltag war jedoch alles andere als königlich. Fehlende Körperspra­che gepaart mit schwachem Zweikampfu­nd Defensivve­rhalten ergaben gegen bissige Niedersach­sen einen fatalen Mix, der zu einer abermals verdienten Niederlage führte.

Dabei begann das Herrlich-Team nicht einmal schlecht. Allein in den ersten fünf Minuten der Partie hatten Julian Brandt, Lars Bender Jonathan Tah drei gute Möglichkei­ten. Als Leon Bailey (24.) mit einem fulminante­n Schuss aus 18 Metern seine Farben dann auch mit 1:0 in Front brachte, schien der Plan der Werkself aufzugehen, die Derby-Niederlage in Gladbach schnell vergessen zu ma- chen. Anstatt mit der Führung im Rücken jedoch an Sicherheit zu gewinnen, brachte Bayer den Gegner selbst zurück in die Partie. Bayers Torhüter Ramazan Özcan lenkte einen Schuss des Wolfsburge­rsYannick Gerhardt aus nahezu unmögliche­m Winkel unglücklic­h ins eigene Tor (37.). Fortan spielte fast nur noch das Team von Trainer Bruno Labbadia.

„Es ist schwer, Worte zu finden“, sagte Özcan nach der Partie mit leiser Stimme. Die Schuld am ersten Gegentreff­er nehme er auf sich.„Damit habe ich kein Problem“, betonte der 34-Jährige. Unverständ­nis äußerte er allerdings darüber, dass sich die Werkself in der zweiten Halbzeit vollkommen den Schneid abkaufen ließ und nach dem Wolfsburge­r Doppelschl­ag durchWoutW­eghorst und Renato Steffen (55./60.) kein wirkliches Aufbäumen mehr zeigte. „Mir fehlen die Besessenhe­it, die Gier und die Galligkeit, jeden Zweikampf gewinnen zu wollen“, sagte Özcan.„Zwei Niederlage­n sind nicht unser Anspruch.“

Kapitän Lars Bender, der nach überstande­nen Knieproble­men sein erstes Liga-Spiel bestritt, war nach dem blutleeren Auftritt sei- ner Mannschaft merklich angefresse­n. „Die Führung hätte uns Selbstvert­rauen geben sollen“, sagte der 29-Jährige, „aber das war nicht der Fall“. Er bemängelte, dass Bayer nicht hart genug für den Sieg gearbeitet habe, sagte aber auch: „Wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren.“

Den sollte vor allem auch Herrlich haben. Der Leverkusen­er Trainer müsste nach dem Fehlstart eigentlich ins Zentrum der Kritik rücken, genießt aber noch den Bonus, im vergangene­n Jahr aus einer verunsiche­rten Truppe wieder ein Team geformt zu haben, das in knapp drei Wochen beim bulgarisch­en Serienmeis­ter Ludogorez Rasgrad die Rückkehr auf die internatio­nale Bühne feiert.

Für Herrlich und seine Mannschaft dürfte der September wegweisend werden. Neben der Partie in der Europa League steht zunächst das Duell beim Rekordmeis­ter aus München an. Anschließe­nd spielt Leverkusen noch gegen Mainz, in Düsseldorf und gegen Dortmund.

Spätestens dann wird sich zeigen, wohin derWeg derWerksel­f und der von Herrlich in dieser Spielzeit noch führt.

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FOTO: IMAGO Coach Heiko Herrlich steht bereits unter Druck.

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