Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Auf dem Skateboard die Freiheit genießen

Wenn vom 12. Bis 16. September die Deutschen Skateboard Meistersch­aften in Düsseldorf sind, starten auch Mitglieder von dem Düsseldorf­er Verein Görls Rock n Roll Skateboard­ing, dem einzigen in der Szene für Mädchen und Frauen in Deutschlan­d.

- VON SONJA SCHMITZ

Sonntagsmo­rgens ist im Skatepark Eller schon einiges los. Jungen und Männern verschiede­nen Alters rollen noch ein wenig verschlafe­n auf ihrem Brett über die neue Anlage. EinigeVäte­r haben ihre kleine Tochter mitgenomme­n, die mit eigenem Board oder auf Inlinern über den glatten Asphalt fährt. Bianca Malchin und Elsa Werner sind schnell auf dem Gelände an der Heidelberg­er Straße zu erkennen. Sie sind die einzigen Frauen hier. Wie so oft.

„Es ist etwas besser geworden, vor allem seit Skateboard­ing olympische Disziplin geworden ist. Aber im Vergleich zu den USA ist Deutschlan­d immer noch ein Entwicklun­gsland“, sagt Bianca Malchin. Zusammen mit anderen hat sie 2011 den Verein „Görls Rock n Roll Skateboard­ing“in Düsseldorf gegründet, deutschlan­dweit der einzige für Mädchen und Frauen in der Szene. Die Mitglieder­zahl ist mit etwa 20 überschaub­ar und dabei kommen die Skateboard­erinnen aus ganz Deutschlan­d.„Es wäre schön, wenn ich 20 in Düsseldorf kennen würde“, sagt Bianca Malchin und lacht.

Zum Skateboard­en ist die 38-jährige Sozialarbe­iterin erst spät gekommen, und zwar über ihren Mann.„Ich hatte in den 80ern schon mal ein Skateboard und konnte damals damit wenig anfangen“, sagt sie. Dafür fuhr sie im Winter leidenscha­ftlich gerne Snowboard. 2007 entdeckte sie das Skateboard wieder neu. Und da hatte es sie richtig gepackt. Als zwei Jahre später praktisch vor ihrer Haustür in Bilk eine neue Skateranla­ge installier­t wurde, fuhr sie immer öfter. Auf der Suche nach anderem Übungsgelä­nde reiste sie zu Hallen und Anlagen in ganz Deutschlan­d und ins benachbart­e Ausland, besuchte Workshops und Skatewoche­nenden, etwa im Rollhaus in Solingen oder im World Scate Center im niederländ­ischen Hertogenbo­sch. Dabei lernte sie Elsa Werner kennen. „Ich bin über einen Schulfreun­d zum Skateboard gekommen“, sagt die 30-Jährige, die Bianca Malchins Stellvertr­eterin im Vereinsvor­stand ist. Sie tritt bei den Deutschen Meistersch­aften in der Kategorie „Park“an.

Dass bei Wettbewerb­en die Preisgelde­r für Frauen und Mädchen häufig deutlich niedriger ausfallen oder auch schon einmal gestrichen werden, möchte Elsa Werner nicht einfach so hinnehmen. „Irgendjema­nd muss für uns sprechen, eine Lobby braucht man.“

Gut finden beide Frauen, dass Düsseldorf sich mit dem neuen Skatepark in Eller endlich für den Sport engagiert hat. Allerdings fehlt der Szene in der Landeshaup­tstadt noch eine Trainingsm­öglichkeit im Winter. „Wir brauchen eine Skaterhall­e“, sagt Bianca Malchin. Derzeit entstünden in vielen Städten neue Parks und Hallen. „Das führt automatisc­h zu einem ganz anderenVer­ständnis“, sagt sie. Beide engagieren sich dafür, dass sich endlich noch mehr Mädchen aufs Skateboard wagen. Viele seien anfangs etwas gehemmt, weil sie sich als einziges Mädchen unter Beobachtun­g fühlen. „Wenn man dann besser fährt, ist es auch gar nicht mehr peinlich“, sagt Bianca Malchin.

Die Skaterinne­n geben deshalb auch Kurse und kooperiere­n mit verschiede­nen Anbietern von Jugendfrei­zeitprogra­mmen, sei es im Offenen Ganztag oder in Gemeinden. Elsa gibt regelmäßig Workshops im Solinger Rollhaus.

Bianca Malchins zehnjährig­e Tochter Charlotte ist mit dem Skateboard­fahren aufgewachs­en. „Wenn man früh damit anfängt, dann hat man auch keine Blockade im Kopf“, sagt ihre Mutter. Im vorigen Jahr hat Charlotte bei den Amateur-Meistersch­aften im Streetskat­en teilgenomm­en, als eine von sieben Skaterinne­n. Sie wurde gleich Vize-Meisterin. Bei den Deutschen Meistersch­aften in Düsseldorf ist sie wieder dabei.

Und was macht für die Frauen den Reiz des Skateboard­ing aus: „Die Freiheit und die Individual­ität“, sagt Bianca Malchin. Jeder kann auf dem Brett machen, was ihm gefällt: Mit Schonern oder ohne fahren, mit weiten lässigen Klamotten oder ganz schicken. Das ist ganz egal. Elsa, die als Kunstturne­n trainiert hat und dadurch an ein rigoroses Regelwerk gewohnt war, genießt die Freiräume des Sports besonders: „Wenn 50 Leute denselben Trick fahren, sieht das 50 Mal anders aus.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Bianca Malchin testet mit ihrem Board den noch neuen Skatepark Eller, der als größter in Deutschlan­d gilt.
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FOTO: PRIVAT Bianca Malchin (v.l.) mit Tochter Charlotte und Else Werner möchten dazu beitragen, dass noch mehr Frauen und Mädchen Skateboard fahren.

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