Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Wir kümmern uns umeinander“

In einem Doppelhaus in Heerdt hat die SWD ein Projekt für ältere Menschen realisiert: Eine Wohngruppe mit Gemeinscha­ftssinn.

- VON UTE RASCH

Zusammen ist man weniger allein. Der Titel der französisc­hen Filmkomödi­e wird in Düsseldorf auf unterschie­dliche Weise gelebt. Überall in der Stadt gründen sich Bau- oder Wohngruppe­n, die einen planen miteinande­r, suchen ein Grundstück, werden durch die Herausford­erungen der Bauzeit zur stabilen Gruppe. Für andere wird geplant und gebaut - ob sie irgendwann eine Verbundenh­eit entwickeln, ist ihnen überlassen. Wie in Heerdt, wo die Städtische Wohnungsge­sellschaft Düsseldorf (SWD) ein Projekt für ältere Menschen realisiert hat. Dort lässt ein üppiger Blumengart­en die Gemeinscha­ft aufblühen.

Samstagnac­hmittag, 16 Uhr: Marianne Jacobs hat sich mit Nachbarinn­en auf der gemeinsame­n Terrasse verabredet, zum Eis essen an diesem Spätsommer­tag. Die 80-Jährige mit den fröhlichen blauen Augen ist Sprecherin derWohngru­ppe. „Wobei dasWort ja missverstä­ndlich klingt, viele meinen, das sei hier eine WG.“Ist es natürlich nicht, jeder der 19 Bewohner hat seine eigene Wohnung, zwischen 50 und 70 Quadratmet­ern, alle mit Balkon. Und alle teilen sich einen großen Gemeinscha­ftsraum mit Ausziehsof­a für einen Übernachtu­ngsgast, Küche und Terrasse mit mehreren Sitzgruppe­n und dem Blumengart­en, den ein Bewohner mit grünem Daumen selbst angepflanz­t hat. 35 Euro im Monat zahlt jeder für diesen Ort der Begegnung, zuzüglich zur eigenen Miete, die zwischen 5,66 (öffentlich gefördert) und 8,85 Euro (frei finanziert) pro Quadratmet­er pendelt.

Vor knapp acht Jahren zählte Marianne Jacobs zu den Pionierinn­en, die in die beiden Neubauten an der Krefelder Straße zogen. Vor der Tür rauscht zwar der Verkehr Richtung Büderich vorbei, wichtiger ist für sie aber, dass Supermärkt­e zu Fuß erreichbar sind und dass die Bushaltest­elle direkt vor der Haustür ist – „man muss schließlic­h mobil bleiben“. Ihre Wohnung in der dritten Etage gehört zu den kleinerem im Haus, zwei Zimmer, Küche, Balkon und Bad, vorsorglic­h rollstuhlg­erecht und mit Erinnerung­sstücken vollgestel­lt.

Als sie vor wenigen Wochen ihren 80. Geburtstag feierte, musste sie Familie und Freunde nicht in ein Restaurant einladen, sondern konnte im eigenen Haus feiern – „dafür ist der Gemeinscha­ftsraum ein Segen.“ Das findet auch ihre Nachbarin, die dort am Freitag zur Hochzeit ihrer Tochter einen Sektempfan­g gab. An denWänden erzählen Fotos von den Festen der Vergangenh­eit, von den gemeinsame­n Nikolausab­enden, den Karnevalsf­eten.In letzter Zeit ist es stiller im Haus geworden, mit der regelmäßig­en Gemeinscha­ft will es zurzeit nicht so recht klappen. Einige der Bewohner sind mittlerwei­le gestorben, andere sind ins Heim ge-

zogen, und heute steht regelmäßig der Wagen eines Pflegedien­stes vor dem Haus.Vom Elan der ersten Jahre, so erscheint es Marianne Jacobs, ist zurzeit nur wenig zu spüren.

Und doch sei es anders, als würde sie in einer „ganz normalen“Wohnung leben. In den Häusern kennt sich jeder, weiß um die Lebensgesc­hichten der anderen. Manche verabreden sich zu Spaziergän­gen und zum Weihnachts­markt-Bummel. Und wenn jemand krank wird, ist es selbstvers­tändlich, einkaufen zu gehen, man kümmert sich umeinander.Wenn neue Mieter einziehen, haben die anderen ein Mitsprache­recht. So war ein Paar, das von Wien nach Düsseldorf ziehen will und viele Jahre ein Heurigen-Lokal betrieben hat, willkommen. Marianne Jacobs:„Das sind gesellige Menschen, die können wir hier gut gebrauchen.“Vielleicht neuer Treibstoff für eine lebendige Gemeinscha­ft.

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RP-FOTOS: HANS-JÜRGEN BAUER Marianne Jacobs (links) und ihre Nachbarn treffen sich im Blumengart­en.
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Marianne Jacobs teilt sich mit den Mitglieder­n der Wohngruppe einen Gemeinscha­ftsraum, jeder hat aber sein eigenes Zimmer.
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Die Blumenbeet­e wurden von einem Bewohner der Wohngruppe angelegt. Sie verleihen den Gebäuden eine sommerlich­e Atmosphäre.

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