Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Braunkohle­bagger gegen Rotorflüge­l

Schwarz-Gelb erschwert den frühen Kohleausst­ieg, weil es bei der Windkraft bremst.

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Ein Mann springt aus einem zehnstöcki­gen Hochhaus. Auf Höhe des zweiten Stockwerks ruft er in ein Fenster, dass es bis jetzt doch gar nicht so schlimm sei.

Mit diesem makabren Witz beschreibt Hans Joachim Schellnhub­er, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolge­nforschung, die gegenwärti­ge Haltung der Menschheit gegenüber dem Klimawande­l. Er wie auch andere Klimaforsc­her gehen davon aus, dass wir uns in Richtung vier Grad Erderwärmu­ng bewegen. Schon längst nicht mehr nur die zwei Grad, die vor Kurzem als gerade noch vertretbar galten. Auch in der Landespoli­tik wird die Lage verkannt. Und das zieht sich durch nahezu alle Fraktionen: Obwohl die Braunkohle der klimaschäd­lichste Energieträ­ger überhaupt ist und die Klimabilan­z des Landes verhagelt, reden ihr Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU), Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) und Opposition­sführer Thomas Kutschaty (SPD) in seltener Einigkeit das Wort. Unverzicht­bar sei sie bis auf Weiteres, heißt es da unisono. Die Argumente lauten: Arbeitsplä­tze und Versorgung­ssicherhei­t. Außerdem haben SPD und auch die Grünen (!) unlängst als Regierungs­parteien selbst entschiede­n, an der Braunkohle noch mindestens 25 Jahre festzuhalt­en.

Dabei hat die renommiert­e Denkfabrik Agora schon vorgerechn­et, wie ein früherer Braunkohle­ausstieg gelingen kann. Ohne gravierend­en Strukturwa­ndel. Und ohne Stromausfä­lle. Dafür braucht es allerdings Windenergi­e.

Der NRW-Wirtschaft­sminister bremst aber zugleich auch beim Bau von Windrädern – wegen der angeblich mangelnden Akzeptanz der Bürger. Braunkohle­bagger gegen Rotorflüge­l – wer das gegeneinan­der ausspielt, kann beim Klimaschut­z nur schwer vorankomme­n. Der Aufprall aus dem zehnten Stock könnte hart sein.

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