Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Heikle Mission am Bosporus
Bundesaußenminister Heiko Maas versucht in der Türkei einen schwierigen Spagat.
ANKARA Es ist eine Visite zwischen Bosporus und Menschenrechten, zwischen deutsch-türkischem Krisenmodus und der Hoffnung auf Entspannung. „Ich würde mir wünschen, dass der Besuch einen Teil dazu beiträgt, dass die Beziehungen zur Türkei wieder besser werden“, hat Bundesaußenminister Heiko Maas seine Messlatte für seine Gespräche in Ankara und einen Tag später auch in Istanbul ausgegeben. Man werde alles, „was zwischen den beiden Ländern offen ist, dort genauso offen ansprechen“– immer in der Hoffnung auf „wieder konstruktivere Beziehungen miteinander“.
Gerade kommt der deutsche Chefdiplomat am späten Mittwochnachmittag vom Gespräch mit Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara. In drei Wochen schon erwartet Erdogan ein großer Bahnhof in Berlin: Staatsbesuch mit allem protokollarischen Prunk und Gloria, so wie sich es der Machthaber in Ankara vorgestellt und gewünscht hat.
Die Themen für Maas an Tag eins seiner Türkei-Reise in Ankara sind knifflig. Der Syrien-Krieg geht mit aller Härte weiter. Maas fragt: „Was können wir tun, um eine humanitäre Katastrophe im syrischen Idlib zu verhindern?“Eine nächste Flüchtlingswelle aus Syrien ist zu befürchten. Noch in dieser Woche ist ein Dreier-Gipfel der Türkei mit Russland und Iran angesetzt. Und auch die türkische Währungskrise bleibt virulent. Die kalte Schulter der USA, nachdem Präsident Donald Trump die Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Türkei verdoppelt hat, sind für den deutschen Außenminister – so komisch es klingt – nicht die schlechtesten Voraussetzungen für den Plan, Europa stärker von der Weltmacht zu emanzipieren. Maas hat es mehrfach betont: Wenn Trump „Amerika first“wolle, dann setze man „Europa united“dagegen. Zumindest im Ringen, das Atomabkommen mit Iran zu erhalten, steht die deutsch-französische-britische Achse.
Die deutsch-türkischen Beziehungen jedenfalls sind nach einer Eiszeit im vergangenen Jahr, als der damalige Außenminister Sigmar Gabriel nach der Verhaftung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner in der Türkei gar seinen Sommerurlaub unterbrach, auf einem Pfad der vorsichtigen Wiederannäherung. Auch vor diesem Hintergrund betont Maas, es sei „kein Geheimnis“, dass die Entwicklung in der Türkei, insbesondere wegen der Lage der Menschenrechte, „uns Sorgen bereitet und unsere Beziehungen überschattet“. Maas spricht von „zahlreichen Härtefällen“. Sieben deutsche Staatsbürger sitzen derzeit noch wegen des Vorwurfs der Terrorunterstützung in türkischen Gefängnissen.
Auf den Fall des in Bulgarien festgenommenen Mehmet Y. aus Bonn geht Maas aktuell nicht konkret ein. Das Auswärtige Amt will den Mann erst einmal sehen und prüfen, was es mit der „Red Notice“, ein Fahndungsgesuch höchster Dringlichkeit von Interpol gegen den Bonner, auf sich hat, heißt es. Die türkische Justiz wirft ihm vor, Unterstützer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein. Er soll 2001 vor Strafverfolgung in seiner Heimat nach Deutschland geflüchtet sein. In Abwesenheit sei er von der türkischen Justiz zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden.