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Politik statt Football
Amerikanische Football-Profis setzen ein Zeichen gegen Polizeigewalt und Rassismus. Präsident Donald Trump beschimpft sie dafür wüst. Nun wirbt der Sportartikelhersteller Nike mit dem Gesicht des Protests: Colin Kaepernick.
WASHINGTON/DÜSSELDORF Es scheint nicht so, als würde eine der beiden Konfliktparteien irgendwann von allein aufgeben. Ein schnelles Ende des Streits ist nicht in Sicht. Seit inzwischen zwei Jahren wird die National Football League (NFL) von einem Politikum übersschattet: Auf der einen Seite stehen mehrheitlich afroamerikanische Spieler, auf der anderen Seite steht der US-Präsident Donald Trump.
Schlüsselfigur unter den Sportlern ist Footballer Colin Kaepernick. Vor zwei Jahren trat der Quarterback eine Welle des Protests los. Kaepernick ging während der Nationalhymne auf die Knie, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren. Viele Spieler folgten seinem Beispiel.
Für Kaepernick persönlich nahm die Sache zunächst kein gutes Ende: Er wurde von seinem Team, den San Francisco 49ers, entlassen. Seitdem ist er vertragslos. Seit Oktober vergangenen Jahres tobt ein Rechtsstreit mit der Liga. Kaepernick vermutet eine Verschwörung. Ein Richter sieht dafür so viele Hinweise, dass Liga-Verantwortliche wohl aussagen müssen. Auf der anderen Seite Trump. Der Präsident sieht in dem Protest einen Verrat am Land. „Das ist eine Verachtung von allem, wofür wir stehen“, sagte der Präsident bei einer Wahlkampfveranstaltung und beschimpfte Spieler als „Hurensöhne“.
Es war nicht die einzige verbale Entgleisung des Präsidenten in diesem Streit. Erst im Juli schrieb Trump auf Twitter: „Ich kann es nicht fassen. Der Commissioner muss nun durchgreifen. Einmal auf Knien, ein Spiel Sperre. Zweimal auf Knien, Saison-Aus/kein Gehalt.“Der Präsident der NFL-Spielergewerkschaft versuchte zu schlichten: „Vielen Dank für Ihre Gedanken, aber wir übernehmen ab hier“, sagte Eric Winston. Am Dienstag hat die Hymnendebatte die nächste Eskalationsstufe erreicht.
Maßgeblich beteiligt ist der Sportartikelhersteller Nike, der jenen Kaepernick als eines der Gesichter seiner Werbekampagne „Just do it“auserkoren hat. „Wir glauben, dass Colin einer der inspirierendsten Athleten dieser Generation ist“, sagte Nike-Vizepräsident Gino Fisanotti. Kaepernick postete in den sozialen Netzwerken ein Foto von sich. Darauf steht der Slogan: „Glaube an etwas, auch wenn das bedeutet, alles andere zu opfern.“Trump ließ die Menschheit bald darauf – erneut via Twitter – wissen, die Werbung sei „eine schreckliche Botschaft“. Gönnerhaft fügte Trump hinzu, die Firma könne ja „eigene Entscheidungen“treffen. Der Streit spaltet derweil die US-Bevölkerung. Unter dem Hastag #NikeBoycott attackierten einige Nutzer die Firma, verbrannten gar Nike-Produkte, andere wandten sich gegen Trump, der mit seinen Aussagen der Keil und Spalter ist. Die Folgen des Streits sind weitreichend.
Der Aktienkurs von Nike rutschte
am Dienstag um zwischenzeitlich mehr als drei Prozent ab. Die NFL beklagte bereits in der vergangenen Saison sinkende TV-Quoten. Die Liga wollte das Thema im Eilverfahren beenden, der Versuch aber schlug fehl. Nun wird es noch schlimmer: Nike ist Ausrüster der NFL, der Vertrag läuft noch bis 2028. Der Sportartikelhersteller hat sich jetzt, ob bewusst oder unbewusst, gegen Teile der Liga gestellt.
In der Nacht zum Freitag beginnt die neue NFL-Saison mit dem Duell des Vorjahres-Champions Philadelphia Eagles gegen die Atlanta Falcons. Und die Sportwelt wird nach Pennsylvania schauen. Was tun die Spieler? Wie reagiert Trump? Die NFL wird vorerst nicht zur Ruhe kommen. Der Image-Schaden? Ist enorm.
Was bislang untergeht: Ein weiteres Werbegesicht in der Just-do-itKampagne dürfte für Aufruhr sorgen. Es ist Basketballstar LeBron James von den Los Angeles Lakers. Trump hatte James bei Twitter als dumm dargestellt, nachdem der Basketballer mit Blick auf die inneramerikanischen Probleme gesagt hatte: „Ich glaube, unser Präsident versucht, uns zu spalten.“Der Hymnenstreit ist längst kein bloßes Football-Problem mehr.