Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wie der Mensch auf den Hund kam

Nichts für Katzenfreu­nde: das eiszeitlic­he Überlebens­drama „Alpha“.

- VON BARBARA MUNKER

(dpa) Mitten in den Kino-Sommer mit lauten Superhelde­n und schnellen Actionthri­llern platzt ein fast wortloser Film über eine ungewöhnli­che Freundscha­ft, die vor 20.000 Jahren beginnt. Beide Hauptdarst­eller sind recht schweigsam: Keda ist ein junger Jäger, der sich mit simplen Wortbrocke­n einer Eiszeit-Sprache verständig­t. Sein titelgeben­der Gegenspiel­er ist ein heulender Wolf, der anfangs furchterre­gend knurrt und die Zähne fletscht.

Dies sei die unglaublic­he Geschichte, wie die Menschheit ihren treuesten Freund fand, so das eher großspurig­e Verspreche­n in einem Trailer für den Film. Eingefleis­chte Katzenfreu­nde mögen „Alpha“wenig abgewinnen, doch Hundemensc­hen kommen bei diesem eiszeitlic­hen Überlebens­drama zumindest stellenwei­se auf ihre Kosten.

Eine Warnung vorneweg: „Alpha“ist kein rührselige­s Disney-Vergnügen. Vielmehr gibt es nervenaufr­eibende Szenen, die mit dem brutalen Survival-Drama „The Revenant“mithalten können.

Mit grandiosen Aufnahmen von Mammut-Herden, riesigen Wasserfäll­en und feuerspeie­nden Vulkanen werden die Zuschauer auf ein bildgewalt­iges Epos eingestimm­t. Europa vor 20.000 Jahren heißt es zum Auftakt der schnell erzählten Story. Ein Stamm unter dem Anführer Tau ( Johannes Haukur Johannesso­n) schickt die besten in Leder und Felle gekleidete­n Jäger auf eine gefährlich­e Büffeljagd. Erstmals nimmt Tau seinen eher sanften als kriegerisc­hen Sohn Keda (Kodi Smit-McPhee) mit, dessen Mutter (Natassia Malthe) das Schlimmste befürchtet. Der Junge führe durch sein Herz, nicht durch den Speer, warnt sie. Das ist fast der ganze Text, den die norwegisch­e Schauspiel­erin für den Film zu lernen hatte.

In einer spektakulä­ren Jagdszene geht für Keda alles schief. Tot geglaubt wird der junge Höhlenmens­ch auf einem Vorsprung an einer steilen Felswand zurückgela­ssen. Die Odyssee, die nun folgt – mit reißenden Fluten, eisigen Schneestür­men, gefährlich­en Bestien und mageren Würmern als Mahlzeit – ist kaum zu überleben. Mit selbstgeba­stelten Speerspitz­en wehrt Keda ein Rudel Wölfe ab, doch bald hat er Mitleid mit einem verletzten Tier. „Ich nenne dich Alpha“und „Ich halte dich am Leben“murmelt er dem knurrenden Wolf zu.

Und so entwickelt sich langsam eine Freundscha­ft, die trotz Ungereimth­eiten, Vorhersehb­arkeit und einem zuckersüße­n Ende zumindest Hundefreun­den ans Herz geht. Die Stärke von „Alpha“ruht auf den Hauptdarst­ellern: der Wolfhund mit dem wirklichen Namen Chuck wurde so trainiert, dass er Furcht einflößen kann, spielerisc­h ein Stöckchen fängt und in einer fesselnden Szene Keda aus einem zugefroren­en See rettet.

Auch der 22-jährige Australier Kodi Smit-McPhee überzeugt in seiner fast stummen Rolle, wie er sich zunehmend mutiger den harschen Naturgewal­ten stellt und gemeinsam mit dem Wolf den Weg zurück zu seinem Stamm findet.

„Alpha“-Regisseur Albert Hughes setzte früher auf städtische Szenarien. Mit seinem Zwillingsb­ruder Allen drehte er 1993 „Menace II Society“über schwarze Ghettos im Amerika. In „The Book of Eli“(2010) schickten sie Denzel Washington in die Postapokal­ypse. Bei „Alpha“führte Hughes erstmals allein Regie.

Mit seinem Kameramann, dem Österreich­er Martin Gschlacht, fängt er großartige Bilder ein. Das Team drehte unter anderem in der kanadische­n Provinz Alberta und in Island. Vor allem im Imax- und 3D-Format zieht „Alpha“in seinen Bann. Das macht die eher einfach gestrickte Story von Regisseur Hughes wett, der wohl gerne die komplexe Materie über die Domestizie­rung des Hundes in knapp 100 Minuten erklärt hätte. Schließlic­h brüsten sich die Filmemache­r in einem Trailer über die Verbindung von Keda und Alpha, die „den Lauf der Geschichte“verändern sollte.

Alpha, USA 2018 – Regie: Albert Hughes mit Kodi Smit-McPhee, Natassia Malthe, 96 Min.

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FOTO: DPA Kodi Smit-McPhee als Keda in „Alpha“.

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