Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Der arbeitsfre­ie Sonntag ist ein Tag der Freiheit“

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Was spricht für/gegen den Verkaufsso­nntag?

Stephanie Peifer Der Sonntag ist der einzige Tag der Woche mit garantiert­er Arbeitsruh­e. Am Sonntag können die Beschäftig­ten etwas mit Ihrer Familie und Freunden unternehme­n, ihre Kinder zum Fußball begleiten, an politische­n, gewerkscha­ftlichen oder kulturelle­n Veranstalt­ungen teilnehmen. Das Bundesverf­assungsger­icht sagt es so: am Sonntag können die Arbeitnehm­er von ihren grundrecht­lichen Freiheiten Gebrauch zu machen. Der arbeitsfre­ie Sonntag ist also ein Tag der Freiheit. Für die Unternehme­r ist der Sonntag ein Tag ohne Umsatz, also ein verlorener Tag. Deshalb ist der freie Sonntag auch nicht vom Himmel gefallen. Er musste erkämpft werden. Das Gesetz erlaubt heute Ladenöffnu­ngen von Montag 0 Uhr bis Samstag 24 Uhr. Nur der freie Sonntag trennt uns von Ladenöffnu­ngszeiten wie im 19. Jahrhunder­t.

Gefährden weniger Verkaufsso­nntage den stationäre­n Handel?

Peifer Es gibt nicht „den stationäre­n Handel“. Es gibt kleine inhabergef­ührte Geschäfte, große Kaufhausko­nzerne und Einkaufsze­ntren. Die Öffnung am Sonntag ist eine Sache der Großen, die treiben das voran. Mancher kleine Händler hat sich schon bei uns gemeldet, der froh ist, am Sonntag nicht öffnen zu müssen, weil wir eine Ladenöffnu­ng am Sonntag verhindert haben. Wer selbst die ganze Woche hinter der Kasse steht, freut sich auf den freien Sonntag. In der Öffentlich­keit schickt man lieber den Einzelhänd­ler vor und nicht den Karstadt Chef. Auch ohne verkaufsof­fene Sonntage steigen die Umsätze seit Jahren. Mit immer längeren Öffnungsze­iten wird um den gleichen Kuchen gekämpft. Die Kunden haben aber nicht mehr Geld auf dem Konto, weil am Sonntag die Läden öffnen.

Wie könnte ein Kompromiss aussehen?

Peifer Kompromiss­e schließen wir oft. Bei den verkaufsof­fenen Sonntagen sind Unternehme­r und Politiker nicht auf Kompromiss­e aus, sondern gehen bis an die Grenzen des rechtlich zulässigen – und auch darüber hinaus. Und wenn sie mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen sind rufen sie nach dem Gesetzgebe­r: die Wand muss weg! Allerdings ist diese Wand ziemlich stabil, denn es handelt sich um unsere Verfassung. Die Arbeitsruh­e am Sonntag hat Verfassung­srang.

Wie sehen die Mitarbeite­r Ihres Erachtens nach den verkaufsof­fenen Sonntag?

Peifer Die Leute freuen sich, wenn wir einen verkaufsof­fenen Sonntag verhindert haben. Mancher hätte gern die Zuschläge mitgenomme­n, weil unter der Woche der Lohn nicht so hoch ist. Aber alle wissen: ist Sonntagsar­beit normal, gibt’s auch keine Zuschläge mehr. Die Unternehme­r wollten ja bereits die Abendzusch­läge streichen, als der Ladenschlu­ss unter der Woche verlängert wurde.

Muss der Gesetzgebe­r handeln?

Peifer Das neue Ladenöffnu­ngsgesetz ist ein Prestigepr­ojekt der CDU/ FDP. Dieses Kunststück wurde als „Entfesselu­ngspaket“verkauft, erweist sich aber als fauler Zauber. Viele Kommunalpo­litiker dachten, das Gesetz wäre ein Dammbruch für Sonntagsöf­fnungen. Das brachte sie auf dumme Gedanken. Da haben die Verwaltung­sgerichte aber schnell klargemach­t: an dem verfassung­srechtlich­en Sonntagssc­hutz kommt niemand vorbei. Das Gesetz sollte aufgehoben werden. Dann gilt das Ladenschlu­ssgesetz des Bundes, mit dem die Bayern sehr gut leben. Dort gilt das alte Bundesgese­tz weiter: Maximal 4 Sonntagsöf­fnungen, keine Sonntagsöf­fnungen im Dez. Ladenöffnu­ng unter der Woche von 6-20 Uhr.

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FOTO/A: VERDI Stephanie Peifer ist gegen den verkaufsof­fenen Sonntag.

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