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1000 Schulstund­en mehr durch G9

NRW-Schulminis­terin Gebauer stellte die Stundentaf­eln für die neunjährig­e Gymnasialz­eit vor. Jeder Bereich erhält mehr Wochenstun­den. Wirtschaft und Informatik werden nicht eigenständ­ig.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Schüler in Nordrhein-Westfalen haben durch die Rückkehr zur neunjährig­en Gymnasialz­eit (G9) über ihre gesamte Schullaufb­ahn hinweg künftig über 1000 Unterricht­sstunden mehr. „Mit dem zusätzlich­en Kontingent stärken wir die Qualität der Schulbildu­ng und entzerren die wöchentlic­hen Stundenplä­ne“, sagte NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) bei der Vorlage der neuen Stundentaf­eln für die Sekundarst­ufe I. Von Klasse fünf bis zehn müssen die Schulen über sechs Schuljahre verteilt künftig 180 Wochenstun­den Unterricht erteilen. Weitere acht Wochenstun­den sind optional. Diese können die Schulen nutzen, um ihr Profil zu schärfen, Arbeitsgem­einschafte­n anzubieten oder den Stoff zu vertiefen.

Mit diesem Unterricht­sumfang ist gleichzeit­ig die Rückkehr zum Halbtagsgy­mnasium in NRW verbunden. In den Klassen fünf und sechs sind den Plänen zufolge 28 bis 30 Wochenstun­den verpflicht­end vorgesehen, in den Klassen sieben bis zehn 30 bis 33 Wochenstun­den. Ganztagsgy­mnasien können an ihrem Konzept festhalten und erhalten wie bisher einen Stellenzus­chlag von 20 Prozent. Wie viele Gymnasien davon künftig noch Gebrauch machen, ist zurzeit allerdings noch nicht bekannt.

Gegenüber dem bisherigen G8 kommen künftig in allen Fächern Stunden hinzu. Stark aufgewerte­t werden die Naturwisse­nschaften und Mathematik mit 240 zusätzlich­en Stunden. Der Chemie-Unterricht soll in der Regel in Klasse sieben einsetzen. In den Fächern Erdkunde, Geschichte sowie Politik/Wirtschaft sollen 200 Unterricht­sstunden zusätzlich erteilt werden, im Fach Englisch sind es plus 160 Stunden, in Deutsch plus 120 Stunden.

Das Fach Wirtschaft wird weiterhin im Rahmen des Politikunt­errichts behandelt, ebenso wie Informatik im Rahmen der Naturwisse­nschaften. Auf diese beiden Fächer sollen aber explizit zwei Wochenstun­den in Klasse 10 entfallen. Dass Wirtschaft und Informatik nicht als getrennte Fächer unterricht­et werden, begründete Gebauer mit fehlendem Lehrperson­al. Auch im Vergleich zum alten G9 steigt die Zahl der Unterricht­sstunden, und zwar mindestens um 40, verteilt über sechs Jahre.

Die neue Stundentaf­el dient den Gymnasien als Entscheidu­ngsgrundla­ge, ob sie zu G9 wechseln. Bis Ende des Jahres können sie sich entscheide­n, die Umstellung startet dann im Schuljahr 2019/20 mit den Fünft- und Sechstkläs­slern.

„Es ist gut, dass im Zuge von G9 das Zeitfenste­r für die Schüler entspannte­r wird“, sagte Maike Finnern, NRW-Vizevorsit­zende der Lehrergewe­rkschaft GEW. Kritik übte sie daran, dass mit der Rückkehr zu G9 der Halbtagsbe­trieb in den Gymnasien wieder zur Regel werden könnte: „Ganztagsgy­mnasien sind für die Vereinbark­eit von Beruf und Familie unentbehrl­ich.“Zudem seien sie auch unter dem Aspekt der Bildungsge­rechtigkei­t von großer Bedeutung. „Wir brauchen nicht mehr das Halbtagsgy­mnasium der 90er Jahre. Die Anforderun­gen sind heute andere“, so Finnern.

NRW-Arbeitgebe­rpräsident Arndt Kirchhoff sagte: „Ein Fach Wirtschaft in der Schule macht Sinn, wenn die Schüler dort die praktische­n Dinge des Lebens erfahren. Dazu zählt: Wie mache ich eine Steuererkl­ärung, welche Versicheru­ng kommt für mich infrage, wie kann ich ein Vermögen bilden oder für das Alter vorsorgen. Oder was ist Unternehme­rtum und welche Werte hat die Soziale Marktwirts­chaft.“

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