Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Yoga-Stunde im Pendlerzug
Auf der Messe InnoTrans wird der Ideenzug der Bahn vorgestellt. Unsere Redaktion durfte mit einigen Kunden vorab einsteigen.
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Gestaltung von Zügen zum großen Thema“, erklärt der Veranstalter. „Die Inneneinrichtung soll nicht nur langlebig, sondern auch formschön und ansprechend sein. Sie muss den wachsenden Ansprüchen der Kunden – egal ob Pendler, Kleinfamilie oder Senioren – gerecht werden.“
Neben Loks, Triebfahrzeugen und rollendem Wagenmaterial widmet sich mit „Interiors“eines der fünf großen Themensegmente bei der InnoTrans der Innenausstattung von Bussen und Bahnen. Die Deutsche Bahn (DB) ist mit ihrem „Ideenzug“vertreten. Kurz hinter dem Eingang der S-Bahn-Station Messe-Süd werden die Besucher des Berliner Messegeländes bei der InnoTrans unweigerlich auf die ungewöhnliche Konzeptstudie stoßen. In dem Nachbau eines Doppelstock-Reisezugwagens im Maßstab eins zu eins zeigt die DB 22 neue Service-Angebote, die das Pendeln im ÖPNV attraktiver machen sollen.
Seit Jahresbeginn präsentierte 3 15 4
die DB ihren Ideenzug in Oberursel vor den Toren Frankfurts ÖPNV-Kunden, aber auch Fachpublikum. Aus den Rückmeldungen der Besucher will der Konzern Schlüsse auf die Bedürfnisse der Pendler schließen. „Wir stehen vor einem Quantensprung im Zugverkehr“, sagt DB-Projektleiter Carsten Hutzler bei der Begrüßung der Besuchergruppe. „Das autonom fahrende Auto wird kommen. Nur wann, ist noch völlig offen. Bis dahin wollen wir Pendlern im ÖPNV andere Angebote machen, die im Auto nicht möglich sind.“
Neben einem guten Fahrplanangebot im Regionalverkehr wolle der Konzern durch neue Angebote Pendlern den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV schmackhaft machen, sagt Hutzler.
„Die Auswahl in den Automaten für Getränke und Snacks ist gut, aber das Schriftbild der Speisekarte auf dem Automaten zu klein“, 16
sagen die Tester Jochen Schramm und Noah Karls. Sie merken auch an. dass der Boden in dem Bistro-Wagen ziemlich verkleben könnte. Beide versorgen sich am Snack-Point mit Getränken und schauen interessiert die Fußball-Übertragung auf dem Großbildschirm. „Ich bin mir nicht sicher, ob die allgegenwärtigen Informationen auf den Displays und die Dauerberieselung mit Filmen und Fernsehprogrammen eine Reizüberflutung oder eine gelungene Unterhaltung sind.“
Müde Reisende ziehen sich in eine Nische für ein Nickerchen, Neudeutsch: „Powernapping“, zurück. Ein- und Ausstieg in die Kojen sind zwar gewöhnungsbedürftig. Dennoch wirken die ergonomisch optimierten Schlafmöglichkeiten im Ideenzug einladend. Antworten darauf, ob das Schaukeln während der Fahrt das Einschlafen unterstützt oder unmöglich macht, liefert der fest im Boden verankerte Zugnachbau natürlich nicht. Carsten Hutzler DB-Projektleiter 5 17 6 18 7 19 8 20
Ein anderes der 22 Funktionsmodule ist als Yoga-Abteil konzipiert. Farbe und Ausstattung des Bodens und der Wände lassen auf das besondere Konzept schließen. Aber auch hier: Ob und in welcher Konzentration die körperlichen Übungen in einem schaukelnden Nahverkehrszug praktiziert werden können, bleibt freilich offen.
Auf dem Gang ziehen andere Tester in den benachbarten Fitness-Bereich mit zwei Hometrainern ein. Selbst das Abschalten nach Feierabend hat die Bahn optimiert: Erholt und ausgepowert steigt man aus dem Zug. Eine Dusche freilich fehlt.
Im sogenannten Premium-Bereich werden die Fahrgäste nach dem Einsteigen im Regional-Express von einer Servicekraft empfangen und mit einem duftenden Kaffee versorgt. Die Komfort-Sessel muten futuristisch an. „Das ist eine Relaxing Area, absolut ‚Noise Cancelling‘“, sagt Carsten Hutzler von der DB-Forschungsabteilung. Noise Cancelling, das steht für Geräuschunterdrückung.
„Die Erkenntnisse aus dem Ideenzug werden nicht erst in zehn oder 15 Jahren umgesetzt, sondern schon viel früher“, verspricht Hutzler. „Es 9 21 10 22 11
liegt an den Aufgabenträgern des ÖPNV, ob, wann und welche einzelnen Funktionsangebote in den Zügen der ausgeschriebenen Strecken erwünscht sind.“
Die DB Regio geht davon aus, dass die Verkehrsverbünde bei ihren künftigen Ausschreibungen im Nahverkehr vergleichbare Funktionsabteile für den Regionalverkehr von den beauftragten Firmen fordern werden. Aufgrund der Rückmeldungen der Besuchergruppen in den vergangenen Monaten hat die DB Regio sogar noch einmal nachgebessert: „Für das Kinderparadies wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Haba eine Häuserlandschaft entwickelt, in der sich die Kleinen auf zwei Ebenen austoben können. Hinzugekommen ist auch ein digitaler Spieltisch“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Das Modul ,Gaming’ wurde so optimiert, dass Fahrgäste an ihren Plätzen Playstation spielen und online shoppen können.“
Das Modul „Powernapping“enthalte jetzt auch ein System zur Geräuschunterdrückung. Im „Premium Class“-Modul behalten die Sitze die bevorzugte individuelle Einstellung der Dauerpendler mit Reservierung. Für Unterhaltung unterwegs sorgt hier zudem ein Bildschirm am Platz.
„Die Erkenntnisse aus dem Ideenzug werden nicht erst in zehn Jahren umgesetzt“