Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Keine Tore bei Löws Neustart
Im ersten Spiel nach dem WM-Desaster trennen sich Deutschland und Weltmeister Frankreich 0:0.
MÜNCHEN An diesem Abend in der Münchener Allianz Arena war vieles so wie immer in den vergangenen Jahren. Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, hat auch bei dieser Veranstaltung eine Aufgabe für sich gefunden. Und so übernahm er die staatstragende Pflicht, Toni Kroos als Fußballer des Jahres auszuzeichnen. Kroos, Mittelfeldakteur in Diensten von Real Madrid, konnte sich indes einen irritierten Blick nicht verkneifen, als er einen Blumenstrauß überreicht bekam.
Das war es dann aber auch mit Geschenken. Es war der erste Auftritt der deutschen Nationalmannschaft nach dem desaströsen Abschneiden bei der WM in Russland. Es war der erste Versuch einer Art Wiedergutmachung. Es war die Premiere der sogenannten Nations-League – mit einem Duell ausgerechnet gegen Weltmeister Frankreich. Für die Deutschen ging es darum zu demonstrieren, den Ernst der Lage erkannt zu haben. Das gelang dann immerhin teilweise, mit einem torlosen Remis. Und dabei war dann noch etwas Anderes wie immer: Erst kurz vor Schluss gab Löw Leroy Sané eine Chance. Die deutschen Spieler in der Einzelkritik:
Manuel Neuer Der Torhüter hat bei Löw nach wie vor eine Einsatzgarantie. Da kann Marc-André ter Stegen nichts machen. Die Torwartfrage ist allerdings auch sportlich die unbedeutendste. Neuer strahlte viel Sicherheit aus, hielt sich aber in der Spieleröffnung extrem zurück.
Matthias Ginter Der Mönchengladbacher Defensivspezialist durfte zum zweiten Mal für die DFB-Elf auflaufen. Er machte seine Sache gewohnt solide – gleichwohl interpretiert er seine Rolle auch eher zurückhaltend. Hätte fast das 1:0 per Kopf erzielt.
Mats Hummels Er ist immer einer der Ersten, der auf alles eine Antwort weiß. Seine eigene Leistung muss man als eher bieder beschreiben. Wenig Risiko eingegangen, deutlich defensiver als noch bei der WM agiert. Immerhin mit kleineren Vorstößen – und die waren brandgefährlich. Jerome Boateng Sein Partner in der Innenverteidigung musste in München bleiben – beim FC Bayern und an der Seite von Hummels. Es hieß, zwischen ihnen gebe es, sagen wir, atmosphärische Störungen. Auf dem Platz war davon nichts zu spüren. Allerdings auch nichts von der Boatengs Explosivität vergangener Jahre.
Antonio Rüdiger Weil Löw Jonas Hector eine Auszeit einräumte, wurde Rüdiger auf die Außenposition versetzt. Wirkte dort ansprechend, wenngleich er schon ein sehr hölzener Vertreter seines Fachs ist.
Joshua Kimmich Welche Rolle er genau bei Löw spielen wird, ist noch nicht hundertprozentig geklärt. Einstweilen darf er als 6er die Defensive organisieren. Es fehlt noch deutlich an Format, damit er die Rolle mit der nötigen Wucht ausfüllt. Toni Kroos Er versuchte, die Fäden in den Händen zu halten, bekam aber zu selten Zugriff. Kroos rannte über das Feld, konnte aber keine revolutionären Laufwege oder Pässe kredenzen.
Leon Goretzka Die neue Leichtigkeit konnte auch er nicht vorführen. Das lag auch an der taktischen Maßgabe von Löw: der Bundestrainer hat nur begrenztes Vertrauen in die Klasse seiner Individualisten und hat sie zu Mannschaftsdienst verdonnert. Hieß gegen Frankreich: erstmal in der Defensive ackern.
Thomas Müller Hing in der Luft. Müller kam zu selten in die „Box“, wie der Strafraum im Fußball heutzutage gerne genannt wird. Er ist einer der Opfer von der neuen Vorsicht-Taktik.
Er soll für die besonderen Momente sorgen im deutschen Spiel. Doch auch gegen Frankreich agierte er vergleichsweise zurückhaltend.
Marco Reus Hing oft in der Luft. Arbeite viel und übernahm weite Wege nach hinten. Konnte aber nicht so herumwirbeln, wie man es sich von ihm erhofft.
Ilkay Gündogan Im Gegensatz zu Mesut Özil ist er nicht aus der DFBElf geflüchtet. Und der Stammspieler von Manchester City kann sicher eine tragende Kraft im neuen Team werden. Schade, dass einige Zuschauer den Neustart noch nicht verinnerlicht hatten und ihn auch diesmal auspfiffen.
Leroy Sané Kam erst sieben Minuten vor Schluss für Reus und konnte sich dann beim besten Willen nicht mehr auszeichnen.