Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Andy Warhol malt Musik

- VON PHILIPP HOLSTEIN

So klingt Farbe: Eine Ausstellun­g in Köln zeigt die Plattencov­er-Kunst des Königs der Pop Art.

KÖLN Sicher wissen viele das gar nicht, aber Andy Warhol gestaltete bereits in den 1950er Jahren Plattencov­er für Klassik- und Jazz-Alben, und er lieferte nicht einfach bloß Motive, sondern veranschau­lichte die jeweilige Musik. Im Grunde wirkte er sogar als Übersetzer, er übertrug nämlich Klang ins Bild, und wie er das tat, und wie sich in seiner Auseinande­rsetzung mit allen musikalisc­hen Genres jenes Werk herausbild­ete, das wir direkt als das von Warhol identifizi­eren, als warhol-typisch sozusagen, das zeigt nun eine sehenswert­e Ausstellun­g in Köln.

Das Museum für angewandte Kunst stellt Plattenhül­len aus 40 Jahren aus, sie stammen aus dem Besitz des Sammlers Ulrich Reininghau­s. Der 1928 geborene Warhol ging nach dem Graphikdes­ign-Studium in Pittsburgh Ende der 1940er Jahre nach New York, und weil er sich bereits einen Namen in der Werbung gemacht hatte, bekam er Aufträge von Magazinen wie „Time“und „Bazaar“. Auch Plattenfir­men sprachen ihn an, darunter das legendäre Jazzlabel Blue Note. 1948 war die Vinyl-LP auf den Markt gekommen, und nun benötigten sie Bilder für ihre Hüllen. Warhol lieferte, für Horowitz-Aufnahmen, Produktion­en von Count Basie und Chopin-Einspielun­gen. Immer wieder zeigte er Hände beim Musizieren, Finger beim Verfertige­n von Tönen.

Sein Verfahren war das der Blotted Line: Bei dieser Kopiertech­nik fertigte er zunächst eine Zeichnung nach einer fremden Vorlage, einem Gemälde etwa oder einem Foto. Darüber legte er wasserabwe­isendes Papier, auf das er die Zeichnung mit Tusche übertrug. Die so entstanden­e Pause wurde produziert und sogleich mit Tusche oder Farbe bearbeitet. Das Ergebnis: filigran, sehr fein, dynamisch.

Sein schönstes Cover trug er zum Album „The Story Of Moondog“bei. Er nahm die dekorative Handschrif­t seiner Mutter Julia Warhola und ließ sie in verschiede­nen Farben über die Hülle laufen. Seine Mutter fertigte übrigens auch Signaturen für ihn an, er fand ihre Schrift einfach schöner als die eigene.

Seine populärste­n Cover entstanden in den 1960er und 70er Jahren; das mit der Banane für das Debüt von Velvet Undergroun­d ist das bekanntest­e. Man konnte die gelbe Banane abknibbeln, und darunter kam ihr rosa eingefärbt­es Fruchtflei­sch zum Vorschein. Kein Bandname war da zu lesen, kein Albumtitel, nur die Signatur des Künstlers: Andy Warhol sowie der Satz „Peel slowly and see“. Wer noch ein Original besitzt, kann froh sein: Vor wenigen Jahren zahlte jemand für ein „unabgeknib­beltes“Exemplar 155.000 Dollar. Und dann ist da natürlich „Sticky Fingers“für die Stones: vorne eine Jeans, die man mit echtem Reißversch­luss öffnen konnte, darunter eine Unterhose, gegen die das pralle Leben drückt. Kann man die Musik von Jagger und Co. zu jener Zeit genialer ins Bild setzen?

Zuletzt verwendete Warhol vor allem seine bunten Porträts. Er fertigte sie von Diana Ross, Aretha Franklin und John Lennon an, verkaufte erst einige davon und funktionie­rte sie dann als Cover um. Der König der Pop Art war immer auch ein gewiefter Geschäftsm­ann. Über seinem letzten Cover verstarb Warhol 1987, es wurde nicht fertig, aber dennoch produziert: ein Sampler für den Sender MTV. Auf dieser Platte findet sich ein Song von Belinda Carlisle, dessen Titel das Schaffen des Covergesta­lters Warhol auf den Punkt bringt: „I Feel The Magic“.

Info MAKK, An der Rechtsschu­le, Köln. Bis 24. März 2019. Di - So, 10 - 18 Uhr.

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FOTOS: MAKK „William Tell Overture“, Gioacchino Rossini, 1954.
 ??  ?? Rolling Stones: Frontcover zu „Sticky Fingers“, 1971.
Rolling Stones: Frontcover zu „Sticky Fingers“, 1971.
 ??  ?? Soundtrack zu „Querelle“von Rainer Werner Fassbinder, 1982.
Soundtrack zu „Querelle“von Rainer Werner Fassbinder, 1982.

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