Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Ein schwedischer Brahms
Das Swedish Chamber Orchestra unter Thomas Dausgaard spielt die 3. Sinfonie.
Es gab mal eine Zeit, da wurde der Acker der Klassik von Musikern mit seltsamen Instrumenten gepflügt. Sie spielten auf Geigen mit Darmsaiten und ganz leichten Bögen, sie bedienten Blechblasinstrumente ohne Ventile, die Pauken donnerten heftiger als üblich, und die Holzbläser klangen bizarr und anmutig zugleich.
Diese Zeit des Musizierens auf historischen Instrumenten ist zu unserem Alltag geworden. Kaum eine Bach-CD, die heutzutage über den Ladentisch geht, die nicht mit alten oder nachgebauten Instrumenten glänzt. Sie werden schon gar nicht mehr erwähnt. Zugleich spielt kaum ein modernes Orchester noch Bach.
Aber die Historisten gingen weiter, sie kamen zu Mozart, Beethoven und Haydn, sie eroberten Schumann und Berlioz, sogar Wagner. Und vor einiger Zeit musste man schmunzeln, als sogar Carl Orffs „Carmina burana“auf Instrumenten ihrer Entstehungszeit erklangen.
Auf der anderen Seite spielen viele Musiker auch auf Standardinstrumentarium längst historisch informiert. Sie sind sparsam mit dem Vibrato, sie artikulieren biegsamer, Sinfonien erstehen plötzlich sozusagen aus Holz, nicht aus Beton; trotzdem handelt es sich nicht um interpretatorische Diät. Die Dauer-Pasta ist halt gestrichen, und das ist gut so und musikalisch absolut gesund.
Ein ganz großer Könner auf diesem Feld ist Thomas Dausgaard, der das Swedish Chamber Orchestra zu einem Ensemble erzogen hat, das sozusagen auf der Spitze musiziert und doch stets einen ganz direkten, glühenden Zugang zu Musik findet. Jetzt hat sich das Team Johannes Brahms’ 3. Sinfonie F-Dur vorgenommen und grandios zum Leben erweckt.
Die Dritte leidet darunter, dass sie einen leisen Schluss hat, zum Repräsentieren taugt sie nicht, wenn Gastorchester sie im Reisegepäck haben. Bei Dausgaard kann von Zurückhaltung keine Rede sein. Die Musik klingt erregend, brandig, sie atmet eine schier progressive Nervosität. Und das Orchester spielt auf wunderbarem Niveau.
Abgerundet wird diese famose CD durch sechs von Brahms orchestral arrangierte Schubert-Lieder (mit dem Bariton Johan Reuter), sechs Ungarische Tänze und die Alt-Rhapsodie (mit Anna Larsson).
Die CD ist als SACD beim schwedischen Label BIS erschienen (Vertrieb: Klassik Center Kassel).