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Was das neue Baurecht im Alltag bedeutet
Es soll Verbrauchern mehr Rechte geben. Doch nicht alle Bauunternehmen arbeiten mit den neuen Vorgaben. Vor Vertragsabschluss heißt es deshalb: Genau hingucken und nicht auf Tricks hereinfallen.
Seit Januar gilt das neue Bauvertragsrecht. Es verbessert die Rechte privater Bauherren. Auf den Baustellen aber spielt das neue Gesetz bislang kaum keine Rolle. Praktisch kann ein Eigenheim noch entstehen, ohne das Bauherr und Baufirma etwas von der Veränderung des Rechts merken.
Die Erklärung dafür ist einfach: Im aktuellen Bauboom haben die Unternehmen alle Hände voll zu tun mit Aufträgen, die bis Ende 2017 nach altem Recht geschlossen wurden. Kein Wunder also, dass „die neuen Dinge noch nicht im Alltag angekommen sind“, wie Nina Janßen erklärt. Die Fachanwältin für Baurecht aus Trier berät überwiegend Firmen, aber auch Verbraucher.
Bislang hatte Janßen weder einen Vertrag auf gültige Konditionen hin zu prüfen, noch kennt sie Streitigkeiten, die wegen der neuen Regeln in Trier vor Gericht landeten. Ähnliches beobachtet Holger Freitag, der Vertrauensanwalt des Verbands privater Bauherren (VPB). „Es dauert lange, bis das auf den Baustellen ankommt.“Er rechnet mit bis zu fünf Jahren.
Dennoch sollten Verbraucher aufpassen. Aktuell kursieren nach der Erfahrung beider Experten zahlreiche Verträge für schlüsselfertige Häuser mit Inhalten nach altem Recht. Bauherren, die solche Papiere unterschreiben, riskieren im Streitfall Probleme, die viel Geld kosten. Nach neuem Recht hat die Baufirma zum Beispiel verbindliche Termine zu nennen. Das gibt dem Auftraggeber Planungssicherheit bei Finanzierung und Umzug. Nach altem Recht dagegen muss die Firma keinen verbindlichen Termin nennen wird das Eigenheim nicht fertig, hat man viel mehr Schwierigkeiten, Verzugsschäden zu reklamieren.
Anhand einiger Zahlen können angehende Immobilienbesitzer relativ einfach testen, welche Version des Bauvertrags vor ihnen liegt. Da ist einmal die Jahreszahl auf dem Vordruck. „Stand 2016 oder 2017“ist für Freitag das erste Signal für ein veraltetes Exemplar. Dann das Kündigungsrecht: Paragraf 649 BGB sei die alte Nummer, sagt er. Die aktuelle Nummer lautet Paragraf 648 BGB.
Eine weitere Stichprobe lässt sich beim Thema Fertigungssicherheit machen. Wird Paragraf 650m Abs. 2 BGB genannt, berücksichtigt der Vertrag vermutlich die neuen gesetzlichen Vorgaben, bei Paragraf 632a Abs. 2 die alten. Inhaltlich sind beide Normen praktisch identisch. Trotzdem sollten Bauherren aufmerken. „Genau prüfen und überlegen, ob die Zusammenarbeit mit der Firma sinnvoll ist“, rät VPB-Fachmann Freitag. In neuen Verbraucherbauverträgen müssen zudem 14 Tage Widerrufsrecht festgehalten sein.
Doch das neue Recht birgt auch Tücken: Nina Janßen weist auf eine Neuregelung bezüglich der Bauabnahme hin (Paragraf 640 Abs. 2 BGB). „Die Immobilie gilt als abgenommen, wenn der Kunde nichts tut“, warnt sie. Normalerweise setzen Baufirmen eine Frist zur Abnahme. Als angemessen sehen Juristen 14 Tage an. Lässt der Bauherr diese Frist stillschweigend verstreichen, ist die Baufirma fein raus. „Der Werklohn ist fällig. Spätere Mängel muss der Kunde beweisen.“
Der Verbraucherverband Wohnen im Eigentum (WiE) rät insbesondere Käufern von Eigentumswohnungen von der stillschweigenden Abnahme ab, im Vertrauen darauf, der Bauträger habe alles richtiggemacht. Die ersten Wohnungen mit 2018 geschlossenen Bauträgerverträgen werden dem Verband zufolge in den nächsten Monaten an ihre Besitzer übergeben.
Dann heißt es aufpassen: Die Abnahme kann nur aus triftigem Grund abgelehnt werden. Mindestens ein klassischer Baumangel - zum Beispiel Feuchtigkeit, schiefe Wände oder falsche Fliesen ist zu nennen. Die Option, sich wie früher durch die Hintertür für Unpünktlichkeit und rauen Ton mit einem Nein zur Abnahme zu rächen, ist mit dem neuen Bauvertragsrecht abgeschafft.
Baufirmen und Handwerker haben das Recht auf eine sogenannte Zustandsbeschreibung, wenn der Kunde Leistungen nicht abnimmt. Das Papier hält den Status quo fest. Das ist wichtig, wenn später um Zahlungen gestritten wird. „Der Kunde muss mitmachen bei der Dokumentation“, sagt Janßen. Nach den Erfahrungen des Zentralverbands des deutschen Handwerks (ZDH) gehört diese Beschreibung zu den am wenigstens bekannten Neuerungen im Bauvertragsrecht. Der VPB rät Auftraggebern, die ihr Eigenheim schlüsselfertig zu errichten planen, den Vertrag nicht in Einzelgewerke zu splitten. „Dann ist es kein Verbraucherbauvertrag mehr“, sagt Freitag. Dadurch verlieren Kunden Rechte.
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