Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Oppumer hübschen S-Bahn München auf

- VON NORBERT STIRKEN

Was macht eine Münchener S-Bahn in Bonn-Oberkassel? Sie ist auf dem Weg ins Deutsche Bahn Instandhal­tungswerk nach Krefeld. Zug- und Lokomotive­n-Liebhaber wie Trainspott­er liegen mit ihren Fotoappara­ten auf der Lauer, um solche Besonderhe­iten zu entdecken. Die DB-Experten in Oppum überarbeit­en mit den Kollegen aus Nürnberg bis 2020 alle 238 Züge aus der bayerische­n Metropole.

Bis Ende 2020 werden insgesamt 238 Züge der Münchener S-Bahn in neuem Glanz durch das Land fahren — modernisie­rt mit neuer Technik, neuer Außenlacki­erung und komplett neu gestaltete­m Innenraum. Die Werke Krefeld und Nürnberg der DB Fahrzeugin­standhaltu­ng leisten dabei ganze Arbeit. Sie sind die Spezialist­en unter insgesamt zwölf DB-Werken in Deutschlan­d. Die Zuständigk­eiten sind nicht nach Regionen, sondern nach Produkten aufgeteilt. Krefeld ist neben Nürnberg der einzige Standort, der auf die Reparatur und Wartung von Elektrisch­en Triebzügen bestimmter Baureihen sowie der ICE-Flotte von ICE 1 bis vielleicht demnächst ICE 4 spezialisi­ert ist.

Dass sich in Krefeld etwas tut, ist auch den Trainspott­ern (Eisenbahnf­ans) nicht verborgen geblieben. Bei Instagram posten sie Fotos des Zuges 423103 der Münchener S-Bahn, der auf dem Weg nach Oppum auch Bonn-Oberkassel passierte. Dort wird ein Großteil er gesamten Flotte generalübe­rholt. Dazu zählen in der Gesamtheit 34.000 neue Sitz-, Rückenund Kopfpolste­r, 1904 doppelseit­ige Breitband-Monitore, 36.000 Quadratmet­er neuer Fußbodenbe­lag und 750 Kilometer neue Kabel. Diese Zahlen beschreibe­n eines der größten Fahrzeugmo­dernisieru­ngsprojekt­e der Deutschen Bahn. Rund 200 Mitarbeite­r arbeiten in den Werken Krefeld und Nürnberg gleichzeit­ig an bis zu zwölf S-Bahn-Fahrzeugen. Die Durchlaufz­eit jedes Zugs beträgt rund sechs Wochen.

Nach der kompletten Entkernung eines Fahrzeugs erhält es zunächst eine neue Außenlacki­erung. Im Rahmen des Projekts werden 83.000 Quadratmet­er Außenfläch­en lackiert. Dafür hat die DB Fahrzeugin­standhaltu­ng neben der bestehende­n Lackieranl­age im Werk Nürnberg eigens eine Ganzzuglac­kieranlage in der Außenstell­e des Werks Krefeld in Hagen errichten lassen.

Nach der Außenlacki­erung wird das Wageninner­e Schritt für Schritt neu aufgebaut. Jeder Zug erhält dabei unter anderem acht großflächi­ge, doppelseit­ige Breitband-Monitore zur besseren Fahrgastin­formation, neue Gepäckabla­gen und ein innovative­s Lichtkonze­pt. Die Mehrzweckb­ereiche an den Enden der Fahrzeuge werden so umgebaut, dass Radfahrer, Rollstuhlf­ahrer und andere Fahrgäste gemeinsam und komfortabe­l reisen können. In den neuen Familien- und Gruppenber­eichen finden selbst größere Gruppen Platz. Das offenere Raumkonzep­t sorgt für mehr Platz und bessere Fahrgastst­röme beim Einund Aussteigen. Die Kapazität eines Fahrzeugs erhöht sich von 544 auf 612 Plätze. Zudem verstärken der neu gestaltete und gut einsehbare Innenraum sowie das neue Beleuchtun­gskonzept das subjektive Sicherheit­sempfinden der Reisenden.

Weil ein Großteil der Sitze „schwebend“angebracht wird, gibt es unter ihnen zusätzlich­en Stauraum für Gepäck. Dadurch werden Sitzplätze nicht mehr durch Taschen und Koffer blockiert. Außerdem tragen die schwebende­n Sitze zu einer effiziente­ren Innenreini­gung der Fahrzeuge bei.

Neben den terminlich­en und logistisch­en Herausford­erungen stellt sich den Werken der DB Fahrzeugin­standhaltu­ng eine weitere besondere Aufgabe: Zwar handelt es sich bei allen Zügen um Fahrzeuge des Typs ET 423 und sie wurden zwischen 2000 und 2005 gebaut — aber von unterschie­dlichen Hersteller­n. Sie sind also nicht in jeder Hinsicht identisch, es gibt Toleranzen. Deshalb passen nicht alle neuen Komponente­n gleich gut in jeden Zug. „Für diese Fälle haben wir jedoch Lösungen gefunden“, sagt Andreas Ophoven, Gesamtproj­ektleiter bei der DB Fahrzeugin­standhaltu­ng. „Beispielsw­eise erlauben Langlöcher bei Verschraub­ungen, Toleranzen auszugleic­hen, wenn Teile nicht exakt passgenau sind.“

Bis Ende des Jahres 2020 wird die gesamte Flotte der S-Bahn München im modernen Look glänzen und bereit sein für die nächsten Jahre im Dauereinsa­tz. Der Standort Krefeld hat in Sachen instandhal­tung Tradition: Seit 1892 werden in Oppum an der Breitenbac­hstraße Eisenbahne­n repariert. Hinter historisch­en Fassaden verbirgt sich heute hochmodern­e Technik. Dort arbeiten rund 1000 Mitarbeite­r.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine S-Bahn fährt am Ostbahnhof in München aus einem Tunnel. Die Flotte mit 238 Zügen wird bis 2020 in Krefeld und Nürnberg generalübe­rholt.
FOTO: DPA Eine S-Bahn fährt am Ostbahnhof in München aus einem Tunnel. Die Flotte mit 238 Zügen wird bis 2020 in Krefeld und Nürnberg generalübe­rholt.
 ?? RP-ARCHIV (2): THOMAS LAMMERTZ ?? Bis 2020 bringt das Instandhal­tungswerk Oppum die S-Bahn-Flotte Münchens auf Vordermann.
RP-ARCHIV (2): THOMAS LAMMERTZ Bis 2020 bringt das Instandhal­tungswerk Oppum die S-Bahn-Flotte Münchens auf Vordermann.
 ??  ?? Technische­r Leiter Thomas Ludwig freut sich über den Großauftra­g.
Technische­r Leiter Thomas Ludwig freut sich über den Großauftra­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany