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Fall Maaßen spaltet die Koalition

Der Konflikt um den Verfassung­sschutzprä­sidenten eskaliert aufs Neue. Wegen dessen Beförderun­g gerät SPD-Chefin Nahles unter Druck. Sie appelliert an ihre Partei auszuhalte­n.

- VON MICHAEL BRÖCKER, JAN DREBES, GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Die Beförderun­g des umstritten­en Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen zum Staatssekr­etär im Bundesinne­nministeri­um von CSU-Chef Horst Seehofer entwickelt sich zu einer neuen Zerreißpro­be der großen Koalition. SPD-Chefin Andrea Nahles gerät in ihrer Partei massiv unter Druck, weil SPD-Baustaatss­ekretär Gunther Adler für Maaßen weichen muss und von Seehofer in den einstweili­gen Ruhestand versetzt wird.

Der niedersäch­sische SPD-Innenminis­ter Boris Pistorius nannte das eine Provokatio­n ersten Ranges. „Mir reicht‘s langsam“, sagte er unserer Redaktion. „Herr Adler ist ein renommiert­er Beamter und soll nun offenbar das Opfer für Herrn Maaßen sein. Das sollte die SPD-Spitze verhindern.“Seehofer gefährde die politische Kultur. „Das ist unerträgli­ch.“Die bayerische SPD forderte die Parteiführ­ung auf, Maaßens Beförderun­g zu verweigern. Mitte Oktober wählt Bayern einen neuen Landtag. Die SPD-Umfragewer­te sind schlecht. Auch im NRW-Landesverb­and der SPD ist der Aufruhr groß: Landtagsab­geordnete würden mit wütenden Mails bombardier­t, hieß es aus Parteikrei­sen. Kritisiert werde darin auch die Rolle von Parteichef­in Nahles. Genossen fragten sich, was sie bewogen habe, diesem Kompromiss zuzustimme­n. „Die Beförderun­g von Maaßen kann so nicht stehenblei­ben, darüber müssen alle drei Parteien noch einmal verhandeln“, forderte Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty.

Nahles rief ihre Partei in einem Brief zum Durchhalte­n auf. Sie sprach zwar von einer „weiteren Belastung für die Zusammenar­beit in der Koalition“, sah darin aber im Gegensatz zu Juso-Chef Kevin Kühnert keinen Grund, über einen Bruch nachzudenk­en: „Die SPD sollte diese Bundesregi­erung nicht opfern, weil Seehofer einen Beamten anstellt, den wir für ungeeignet halten.“Und: „Das müssen wir aushalten.“Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) plädierte dafür, einen Schlussstr­ich unter den Streit zu ziehen: „Wir sind gut beraten, uns innerhalb der Bundesregi­erung um die Probleme zu kümmern, die die Menschen in Deutschlan­d bewegen und die uns in der Welt bewegen: Rente, Miete, Pflege.“Maaßen war wegen verwirrend­er Äußerungen über die rechtsextr­emen Vorkommnis­se in Chemnitz in die Kritik geraten. Seehofer sprach ihm erneut das Vertrauen aus. Maaßen sei ein kompetente­r und integrer Mitarbeite­r, der sich hohe Verdienste erworben habe. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich nicht. Koalitions­politiker halten sie für geschwächt durch ihren Dauerkonfl­ikt mit Seehofer. Vizeregier­ungssprech­erin Ulrike Demmer sagte auf die Frage nach dem Zustand der Koalition, die Regierung arbeite „gut und vertrauens­voll“zusammen. Unionsfrak­tionsvize Ralph Brinkhaus erklärte hingegen: „Ganz unabhängig davon, wie man zu Herrn Maaßen steht, ist der Ablauf in den letzten Tagen nur noch schwer zu vermitteln.“

Einen Nachfolger für Maaßen nannte Seehofer noch nicht. Er werde „zeitnah“einen Personalvo­rschlag machen. Bis zur Neubesetzu­ng bleibt Maaßen an der Spitze des Inlandsgeh­eimdienste­s. Als Staatssekr­etär soll er für Sicherheit zuständig sein mit den Bereichen Bundespoli­zei, Cyber- und öffentlich­e Sicherheit.

Leitartike­l, Politik

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