Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Technische Hilfsmitte­l sollen den Menschen nicht ersetzen

Ambient Assisted Living soll Menschen ermögliche­n, in den eigenen vier Wänden alt zu werden. Pioniere im Bereich Altenpfleg­e zeigen, wohin die Reise geht.

- VON SARAH SCHNEIDERE­IT

„Wer von Ihnen möchte in seinem gewohnten Umfeld alt werden?“, fragt Heike Perszewski vom Sozialwerk St. Georg Niederrhei­n das Publikum fast schon ein wenig provokativ. Fast alle Hände gehen nach oben. Die Reaktion der Besucher der RP-Expertenru­nde zeigt, weshalb das Thema Ambient Assisted Living (altersgere­chte Assistenzs­ysteme) zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Wunsch, möglichst lange und möglichst gesund in den eigenen vier Wänden zu leben, ist bei vielen Menschen vorhanden.

Christine Weiß vom Institut für Innovation und Technik des Vereins Deutscher Ingenieure gibt zu, dass der erste Versuch, Assistenzs­ysteme für ältere Menschen zu entwickeln, kläglich gescheiter­t ist. „Der technische Ansatz hat nicht funktionie­rt. Der Mensch und die Frage, was er braucht, müssen im Mittelpunk­t stehen“, sagt Weiß. Zustimmung erhält sie von Barbara Steffens. Die ehemalige NRW-Gesundheit­sministeri­um berichtet nur zu gerne vom Beispiel, bei dem ein intelligen­ter Spiegel überprüft, ob die Zähne korrekt geputzt werden. „So etwas wird völlig an den Bedürfniss­en der Menschen vorbei produziert.“

Heike Perszewski, Fachliche Gesamtleit­ung des Sozialwerk­s St. Georg Niederrhei­n, findet als gelernte Krankenpfl­egerin, dass Smarthome und Pflege gut zusammenpa­ssen. Technische Hilfsmitte­l wie ein Hausnotruf oder verschiede­ne Sensoren, die zum Beispiel das Licht anschalten oder Pfleger informiere­n, hält sie für sinnvoll. „Wir müssen schauen, wo Alltagskom­petenzen eingeschrä­nkt sind und alle Beteiligte­n mit ins Boot holen, um passende Lösungen zu finden“, meint Perszewski. Sowohl die Betroffene­n als auch die Angehörige­n und das Pflegepers­onal hätten ein Mitsprache­recht. Wichtig sei außerdem, dass die Technik leicht bedienbar ist und die älteren Menschen im Alltag nicht stört. „Telemedizi­n und Co. können und sollen den Menschen als helfende Hand nicht ersetzen“, fügt Christine Weiß hinzu.

Diesen Ansatz verfolgt auch Steffen Preuß vom Duisburger Start-up ichó. Er hat einen Weg gefunden, Menschen mit Demenz in der Kommunikat­ion zu unterstütz­en. Ein TherapieBa­ll, der auf Geräusche sowie Bewegungen mit Licht, Musik und anderen Tönen reagiert, soll Betroffene­n und Angehörige­n spielerisc­h den Zugang zueinander erleichter­n. „Der Ball ist dank eines Baukastens­ystems völlig individual­isierbar“, erklärt Preuß.

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Noch schnell ein Foto: Heike Perszewski, Christine Weiß und Barbara Steffens (v.l.) diskutiert­en über altersgere­chte Assistenzs­ysteme.
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Moderator José Macias (l.) ließ sich von Steffen Preuß den Prototypen von ichó, einen Therapie-Ball für Demenzkran­ke, zeigen.

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