Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Als Klinsmann Fortuna abschoss

Am Freitagabe­nd gastiert Fortuna in Stuttgart. Der VfB brachte ihr 1986 die bis heute höchste Heimnieder­lage ihrer Bundesliga­geschichte bei – 0:7.

- VON BERND JOLITZ

Das Hochstemme­n des Weltmeiste­rpokals war für Jürgen Klinsmann damals noch reine Utopie, seine Zeit bei Inter Mailand Zukunftsmu­sik und das Sommermärc­hen von 2006, dem er als Bundestrai­ner vorstand, nicht einmal ein Gedankensp­iel. Der Kalender zeigte den 15. März 1986 an, und „Klinsi“war noch der charmant lächelnde Bäckersbub aus dem schwäbisch­en Geislingen, der erst 18 Monate zuvor sein Bundesliga­debüt für den großen Klub der Region, den VfB Stuttgart, gegeben hatte.

21 Jahre alt war Klinsmann erst, als er der Düsseldorf­er Fortuna die bis heute schwärzest­e Stunde ihrer Bundesliga­geschichte bescherte. 7:0 gewannen die Schwaben an jenem ungemütlic­hen Märznachmi­ttag im noch ungemütlic­heren Rheinstadi­on, das mit 15.000 Zuschauern äußerst spärlich gefüllt war. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Mannschaft des damaligen Trainers Dieter Brei nur eine Woche zuvor beim heutigen deutschen Rekordmeis­ter FC Bayern München mit 3:2 gewonnen hatte. Doch es waren andere Zeiten und andere Stadien damals, die Bundesliga noch nicht das strahlende Premiumpro­dukt, als als das sie sich heute fühlt.

Klinsmann freilich strahlte trotz Sprühregen und eisigem Wind, denn der spätere Nationalst­ürmer – der freilich erst 21 Monate später in Brasilien im DFB-Team debütierte – erzielte fünf Treffer gegen Fortunas Torhüter Jörg Schmadtke. Brei wechselte im Verlauf der Partie in Dietmar Grabotin und Günter Kuczinski zwei Abwehrspie­ler aus, doch der Blondschop­f des VfB war von niemandem zu stoppen.

Das erste Tor des Tages überließ Klinsmann allerdings seinem Stürmerkol­legen Michael Spies (15.), ehe er neun Minuten vor der Pause auf 2:0 erhöhte und dann zwischen der 47. und der 78. Minute vier weitere Treffer nachlegte. Karl Allgöwer rundete das Geschehen mit dem 7:0 in der 87. Minute ab. Kuriosität am Rande: Bereits das Hinspiel im Neckarstad­ion hatte der VfB 5:0 gewonnen – seinerzeit ohne Klinsmann-Tor. Am Saisonende retteten sich die Düsseldorf­er mit Ach und Krach als Vierzehnte vor der Relegation, stiegen dafür ein Jahr später ab.

Doch ehe nun Fortunas aktuelle Truppe angesichts ihrer Freitag-Aufgabe beim VfB (20.30 Uhr) gänzlich den Mut verliert, sei an das Jahr 1996 erinnert. Da gastierte die unter Aleksandar Ristic aus der Drittklass­igkeit zurückgeke­hrte Fortuna saisonüber­greifend zweimal beim VfB und entführte beide Male die Punkte. Als besonders wertvoll erwies sich dabei der 3:2-Erfolg im Mai mit einem Doppelpack von Richard Cyron und dem dazwischen­liegenden Treffer von Thorsten Judt, denn Ristics Aufsteiger-Truppe erreichte nicht zuletzt dank dieser wichtigen Punkte als Dreizehnte­r den Klassenerh­alt.

Der zweite Auftritt 1996 in der schwäbisch­en Landeshaup­tstadt war ähnlich erfolgreic­h und für einen spektakulä­ren Zugang Fortunas 1986: Fortuna – VfB Stuttgart

Fortuna: Schmadtke – Bockenfeld, Grabotin (46. Dean Thomas), Zewe, Kuczinski (57. Bunte) – Fach, Keim, Weikl – Holmquist, Thiele, Demandt.

Zuschauer: 15.000. 1996: VfB Stuttgart – Fortuna

Fortuna: Koch – Bach, Werner, Katemann, Mehlhorn – Glavas, Fach (82. Buncol), Seeliger, Pasic (70. Judt) – Cyron (30. Istenic), Juran.

Zuschauer: 37.000. ein persönlich­er Triumphzug. Der Ukrainer Sergej Juran erzielte in der 86. und 89. Minute beide Tore zum 2:0-Sieg beim VfB, was den Abstieg am Saisonende dennoch nicht verhindern konnte. Juran verstand sich zwar im weiteren Saisonverl­auf bestens mit seinem russischen Kumpel Igor Dobrovolsk­i, doch kamen beide nur noch sporadisch an ihre sportliche Leistungsg­renze heran.

Der Paradiesvo­gel aus Luhansk traf nur noch dreimal für Fortuna und kehrte Düsseldorf anschließe­nd den Rücken. Ein kurzes Wiedersehe­n gab es noch einmal in einem Trainingsl­ager, das Fortuna im türkischen Belek bezogen hatte. Juran war als Trainer von Lokomotive Astana ebenfalls dort – und stand im schneeweiß­en Jogginganz­ug an der Seitenlini­e.

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FOTOS: IMAGO Das Trikot verschenkt, ein glückliche­s Lächeln im Gesicht: Jürgen Klinsmann verlässt nach seinem Fünferpack 1986 den Rasen des Rheinstadi­ons.
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Seltenes Erfolgserl­ebnis: Sergej Juran nach dem 2:0 beim VfB.

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