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Mittelstan­d hinkt bei Digitalisi­erung hinterher

Alle reden von der Digitalisi­erung, aber der Mittelstan­d plagt sich damit. Nur jedes fünfte Unternehme­n investiert ins Digitale.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Wer fünf Jahre in einer Zeitkapsel war und nach Düsseldorf zurückkäme, würde vermutlich glauben, es gebe kein anderes Thema mehr in der Wirtschaft: Das Schlagwort Digitalisi­erung ist in aller Munde. Kein Vortrag in Wirtschaft­s- oder Industrie-Club streift das Thema nicht wenigstens am Rande. Besonders beliebt ist in diesem Zusammenha­ng das Schlagwort „Industrie 4.0“. Und in der Tat sind große Düsseldorf­er Unternehme­n wie Vodafone, Daimler oder der Stahlkonze­rn Voestalpin­e bereits weite Schritte in Sachen Digitalisi­erung gegangen. Doch die Welt der Wirtschaft besteht in Deutschlan­d und insbesonde­re in Düsseldorf eben nicht mehrheitli­ch aus börsennoti­erten Konzernen, sondern aus meist familienge­führten Mittelstän­dlern. Und die sind erschrecke­nd weit zurück, was die Implementi­erung der Digitalisi­erung in ihren Unternehme­n betrifft.

Das belegt auch eine neue Studie der Düsseldorf­er Niederlass­ung der Hypoverein­sbank für die Landeshaup­tstadt und die Region. Durchschni­ttlich hat nur jeder fünfte Mittelstän­dler im Wirtschaft­sraum Düsseldorf 2016 in die Digitalisi­erung investiert. Insgesamt betrugen die Digitalisi­erungsausg­aben in der Region etwa 639 Millionen Euro und damit nur rund ein Zwölftel der rund 7,7 Milliarden Euro Neuinvesti­tionen etwa in Bauten und Anlagen. Das geht aus Berechnung­en der Hypoverein­sbank (HVB) auf Basis einer deutschlan­dweiten KfW-Analyse hervor. „Um ihre Wettbewerb­sfähigkeit im digitalen Zeitalter zu stärken, sollten die rund 180.000 Mittelstän­dler im Wirtschaft­sraum Düsseldorf intensiver und breiter in die Digitalisi­erung investiere­n“, sagt André Zetsch, Leiter des Firmenkund­engeschäft­es der Bank, die ihre Niederlass­ung an der Blumenstra­ße hat.

Wenig überrasche­nd belegen die Firmen der Informatio­nstechnolo­gie mit einem Indexwert von 74 (von 100) den besten Wert aller Branchen. Der Index wurde vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium für 2018 ermittelt. Sorgenkind­er sind dabei aber die Branchen Verkehr und Logistik (43 Punkte), Verarbeite­ndes Gewerbe (43 Punkte) sowie Gesundheit­swesen (37 Punkte) als Schlusslic­ht. Zusammen machen diese Sektoren laut André Zetsch im Wirtschaft­sraum Düsseldorf allein 54 Prozent der Bruttowert­schöpfung aus. Das geht aus der Regionalst­atisttik des Statistisc­hen Bundesamte­s hervor.

Besorgnise­rregend ist auch, in welcher Art Düsseldorf­er Firmen Digitalisi­erungsvorh­aben umsetzen. Denn die wenigen, die investiere­n, legen ihr Geld zu 54 Prozent in die Erneuerung und Verbesseru­ng der bestehende­n IT-Infrastruk­turen an. Schlusslic­hter bei den Digitalisi­erungsvorh­aben waren zwischen 2014 und 2016 laut Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW ) die Pläne „Einführung neuer Marketing- und Vertriebsk­onzepte“(29 Prozent) und „Digitalisi­erung von Produkten und Dienstleis­tungen“(19 Prozent). „Die Unternehme­n setzen also mehrheitli­ch auf ein ,weiter so’ auf besserem Niveau und verkennen Chancen und Gefahren disruptive­r Veränderun­gen“, sagt Zetsch.

Übrigens sind Düsseldorf­s Firmen besonders zögerlich, digitale Investitio­nen mit Krediten zu finanziere­n, und das trotz historisch niedrigste­r Zinsen nahe Null. Fast 80 Prozent der Digitalisi­erungsproj­ekte werden aus Rücklagen und laufenden Einnahmen finanziert. 15 Prozent entfallen auf Leasing. Kredite nehmen nur Firmen im niedrigen einstellig­en Prozentber­eich auf.

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