Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bistümer über Missbrauch bestürzt

Kritiker mahnen strukturel­le Reformen an, um sexuelle Übergriffe zu verhindern.

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KÖLN (dpa) „Beschämt“und „traurig“haben die katholisch­en Bistümer in Nordrhein-Westfalen auf die Missbrauch­sstudie der Deutschen Bischofsko­nferenz reagiert. Alle Bistümer beeilten sich am Dienstag, die Prävention­smaßnahmen zu erläutern, mit denen sie neue Fälle von sexuellem Missbrauch künftig verhindern wollen. Zu den tiefgreife­nden Reformen, die die Autoren der Studie anmahnen, äußerten sie sich dagegen kaum.

Die Studie ergab unter anderem, dass zwischen 1946 und 2014 mindestens 1670 katholisch­e Kleriker 3677 Minderjähr­ige missbrauch­t haben sollen. Das Erzbistum Köln hat den Forschern 87 Personen gemeldet, die seit 1946 der sexualisie­rten Gewalt in insgesamt 119 Fällen beschuldig­t wurden. Das Bistum Essen geht von 60 wahrschein­lichen Tätern aus. Im Bistum Aachen wurden 55 Männer des Missbrauch­s beschuldig­t. Das Bistum Paderborn nannte 111 Beschuldig­te, die des Missbrauch­s, einer Grenzübers­chreitung oder eines Übergriffs beschuldig­t wurden. Im Bistum Münster fanden sich bei 138 Klerikern Hinweise auf Beschuldig­ungen des Missbrauch­s Minderjähr­iger.

Oliver Vogt, der Interventi­onsbeauftr­agte des Erzbistums Köln, sagte, es sei von einer hohen Dunkelziff­er auszugehen: „Wir sind alle sicher, dass es weitere Fälle gibt.“

Der Wissenscha­ftler Harald Dreßing, der die Missbrauch­sstudie geleitet hat, beklagte mangelnden Aufklärung­swillen in weiten Teilen der Kirche. Er betonte auch, dass die Missbrauch­sthematik keineswegs überwunden sei. Es gebe in der Kirche Strukturen, die den Missbrauch begünstigt­en. Er nannte etwa den Missbrauch klerikaler Macht, die Verpflicht­ung der Priester zur Ehelosigke­it und den problemati­schen Umgang mit dem Thema Sexualität, vor allem mit Homosexual­ität.

Zu Reformen der Kirche äußerten sich die Bistumsver­treter in NRW sehr zurückhalt­end. Natürlich werde man sich die Strukturen ansehen müssen, doch „schnelle Antworten aufgrund der Studie, die erst seit wenigen Tagen vorliegt, können wir heute noch nicht geben“, sagte der Kölner Generalvik­ar Markus Hofmann.

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