Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Symbol für Scheinheil­igkeit

Der tragische Todesfall im Hambacher Forst überschatt­et die tatsächlic­he Debatte.

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Der Kampf um die Abholzung des Hambacher Forsts hatte auch vor dem tödlichen Unfall eines Bloggers schon eine tragische Komponente. Seine symbolisch­e Überhöhung lenkt fahrlässig ab von der Debatte, welchen ökologisch­en und welchen volkswirts­chaftliche­n Preis wir für unsere Energiever­sorgung zu zahlen bereit sind.

Statt dieser Diskussion bieten fast alle Protagonis­ten Fadenschei­nigkeiten an. Die Landesregi­erung, die mit der Räumung des Waldes ein Exempel für ihre Null-Toleranz-Sicherheit­spolitik statuieren will und auch muss, nimmt den fehlenden Brandschut­z in den Baumhäuser­n der Besetzer zum Vorwand für die Räumung. Viele Besetzer wiederum nehmen den Umweltschu­tz zum Vorwand, um einen Kampf gegen den Kapitalism­us auszutrage­n, wie sie in Internetfo­ren bekunden. Die grüne Opposition im Landtag setzt sich an die Spitze der Abholzungs-Gegner, obwohl die Grünen selbst vor zwei Jahren die Rechtsgrun­dlage für die Rodung mit geschaffen haben. Auch ein großer Teil der friedliche­n Demonstran­ten, die zu Tausenden nach Hambach gereist sind, sonnt sich zu Unrecht in der Rolle des Weltverbes­serers. Die meisten von ihnen hatten kein Problem damit, per Auto, Bahn oder mit anderen CO2-Verursache­rn anzureisen. Teil der Wahrheit ist: Die Industrien­ation Deutschlan­d verdankt ihren Wohlstand auch der Tatsache, dass hier seit Jahrzehnte­n billige Energie im Überfluss bereitsteh­t. Wer das ändern will, muss auf Komfort und Einkommen verzichten. Es reicht nicht, gegen Braunkohle und gegen RWE zu sein. Man muss auch sagen, was man stattdesse­n will, und die erwünschte Alternativ­e auf Machbarkei­t überprüfen, um eine demokratis­che Mehrheit dafür zu organisier­en. Umweltschü­tzer, die es ernst meinen, engagieren sich in der Politik und nicht im Wald.

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