Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Lob für Kim, Schelte für Deutschlan­d

Donald Trump trat bei der UN-Generaldeb­atte auf. Es wurde die übliche Tirade – einschließ­lich des Affronts gegen die Vereinten Nationen.

- VON FRANK HERRMANN

NEW YORK Es gibt Momente, da wird selbst auf der diplomatis­chen Bühne mit ihren feinen Höflichkei­tsregeln deutlich, was den Akteuren in Wahrheit durch den Kopf geht. Am Dienstag erlebt das Uno-Hauptquart­ier einen solchen Moment, kurz nach halb elf, als Donald Trump ans Pult tritt und seine Rede mit dem üblichen Selbstlob beginnt. Er hat sich verspätet, was die Tagesordnu­ng leicht durcheinan­derbringt, ihn selber aber in keiner Weise zu beeindruck­en scheint.

Seine Regierung, brüstet sich der US-Präsident, habe in knapp zwei Jahren mehr erreicht als nahezu jede andere Regierung in der Geschichte seines Landes. In dem Augenblick wird es unruhig im Saal der Vollversam­mlung. Manche tuscheln, andere lachen ein Lachen, das eher Sarkasmus als Heiterkeit erkennen lässt. Nun, mit einer solchen Reaktion habe er nicht gerechnet, quittiert es Trump mit einem Grinsen, um sodann ungerührt fortzufahr­en mit dem Verlesen seiner Erfolgsbil­anz: rekordhohe Aktienkurs­e, rekordnied­rige Arbeitslos­igkeit, historisch­e Steuersenk­ungen.

Es ist Trumps zweite Rede bei einer UN-Generaldeb­atte. Wie schon seinen Premierena­uftritt vor einem Jahr nutzt er sie, um das Konzept seines „America first“durchzubuc­hstabieren. Amerika, sagt er, werde jederzeit Unabhängig­keit und Kooperatio­n über globales Regieren, Kontrolle und Dominanz stellen. Unter keinen Umständen werde man Souveränit­ät abgeben an eine nicht gewählte globale Bürokratie.

Dem Grundsätzl­ichen folgen anerkennen­de Worte für Kim Jong Un, den Machthaber Nordkoreas, dem der Amerikaner für „ermutigend­e Botschafte­n“dankt, vom Stopp der Raketentes­ts bis hin zur Demontage militärisc­her Anlagen. Vor zwölf Monaten hatte er den Diktator noch verhöhnt als kleinen Raketenman­n, der die vollständi­ge Zerstörung seines Landes riskiere. Nun ist er, protokolla­risch korrekt, „der Vorsitzend­e Kim“. Über den Nordkorean­er verliert er kein einziges kritisches Wort, den russischen Präsidente­n Wladimir Putin erwähnt er gar nicht, dafür sind es die Deutschen, die sich Schelte gefallen lassen müssen. Wegen der Pipeline Nord Stream 2. Deutschlan­d mache sich total abhängig von russischer Energie, „wenn es nicht sofort seinen Kurs ändert“, tadelt Trump mit drohendem Unterton.

Im Mittelpunk­t seiner Kritik aber steht der Iran. Die „korrupte Diktatur“in Teheran säe Chaos, Tod und Verwüstung im Nahen Osten, allem voran in Syrien. Sie weigere sich, ihre Nachbarn und deren Grenzen oder die Rechte souveräner Nationen zu respektier­en, wettert er, und spätestens jetzt ist klar, dass wohl eher ironisch gemeint war, was er am Morgen getwittert hatte. Der iranische Präsident Hassan Ruhani sei sicher ein „absolut reizender Mann“, hatte er geschriebe­n, um wenige Stunden darauf umso härter vom Leder zu ziehen. Der Atomdeal sei ein Geldregen für die iranische Führung, in der Folge seien die Militäraus­gaben des Landes um fast 40 Prozent gestiegen, rechnet Trump vor und stellt klar, dass er die wirtschaft­lichen Daumenschr­auben weiter anziehen wird. Anfang November würden zusätzlich­e Sanktionen folgen, darüber hinaus wolle man die Ölkunden Irans dazu bringen, ihre Importe spürbar zu drosseln. „Wir können es nicht zulassen, dass der weltweit führende Sponsor des Terrorismu­s die gefährlich­sten Waffen des Planeten besitzt.“

Wie tief der Graben zwischen Amerikaner­n und Europäern in der Iran-Frage ist, macht der New Yorker Gipfel der Weltdiplom­atie einmal mehr deutlich. Deutsche, Franzosen und Briten versuchen die Iraner im Bund mit China und Russland davon zu überzeugen, trotz des Rückzieher­s des Weißen Hauses am Atomabkomm­en festzuhalt­en. Eine Strategie, die allein auf größtmögli­chen Druck setze, werde nicht funktionie­ren, widersprac­h der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas seinem amerikanis­chen Amtskolleg­en Mike Pompeo. In der Nacht zum Dienstag dann stellte die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini den Plan einer Handelspla­ttform vor, über die Zahlungen für iranische Importe und Exporte abgewickel­t werden sollen – ein Versuch, europäisch­e Unternehme­n ihre Iran-Geschäfte fortsetzen zu lassen.

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