Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Diesel-Rückkauf mit 20 Prozent Aufschlag

Die Bundesregi­erung prüft mehrere Instrument­e, um Fahrverbot­e noch abzuwenden. Neben Nachrüstun­gen können das auch Rückkäufe sein – aber nur in ausgewählt­en Städten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) will die Autoindust­rie im Kampf gegen höhere CO2-Grenzwerte der EU unterstütz­en, verlangt im Gegenzug aber ein deutliches Entgegenko­mmen bei der Lösung der Dieselkris­e. Sie halte den Vorschlag der EU-Kommission, die Grenzwerte für Neuwagen zwischen 2021 und 2030 nur um 30 Prozent zu senken, für vernünftig, sagte Merkel auf dem Tag der Industrie in Berlin. Gleichzeit­ig wurden Pläne der Regierung zur Umrüstung und zum Umtausch von Millionen Dieselfahr­zeugen bekannt, die zusätzlich­e Milliarden­kosten für die Autoindust­rie bedeuten. Bis Montag will Merkel in der Koalition eine mit den Hersteller­n abgestimmt­e Lösung durchsetze­n, die weitere Fahrverbot­e verhindert. Schon am Freitag sollen Grundzüge vereinbart werden. Laut einem Papier aus dem Haus von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU), das dem „Spiegel“vorliegt, prüft die Bundesregi­erung für die zehn am stärksten von Diesel-Abgasen belasteten Städte (darunter Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München) drei Optionen: Nachrüstun­g, Rückkauf, Umtauschpr­ämie.

Nachrüstun­g: Nach dieser Idee rüstet die Industrie die Diesel mit SCR-Katalysato­ren nach. Scheuer dementiert­e am Dienstag zwar, dass er auch die betroffene­n Dieselfahr­er mit 20 Prozent an den Kosten einer Hardware-Umrüstung beteiligen wolle. „Mein Ziel ist, die Selbstbete­iligung der Halter auf Null zu setzen“, erklärte er. Allerdings finden sich diese Pläne in seinem Entwurf. Danach sollen Fahrer in den betroffene­n Städten ihre Autos umrüsten. Die Industrie solle 80 Prozent der Kosten von bis zu 3000 Euro pro Fahrzeug übernehmen, auf die Halter kämen dann noch bis zu 20 Prozent oder 600 Euro zu, heißt es darin. Diese Variante dürfte aber nach der Klarstellu­ng Scheuers jetzt nicht mehr zur Debatte stehen. Die Industrie will Nachrüstun­gen wegen der hohen Kosten ohnehin verhindern. Der Branchenve­rband VDA warnt vor möglichen Risiken: Es gebe keine Langzeitte­sts, die Auskunft darüber geben, wie sich die Fahreigens­chaften und der Verbrauch durch eine Umrüstung verändern.

Rückkauf: Der Verkehrsmi­nister setzt vor allem auf großzügige Umtauschan­gebote der Industrie an die betroffene­n Halter, weil über diesen Weg die Luft in den Städten schneller verbessert werden könne. Die Hersteller sollen Dieselfahr­zeuge der Euro-Normen vier und fünf in großem Umfang zurückkauf­en. Bei der Berechnung des Rückkaufpr­eises des alten Diesel sollen die Hersteller den Kunden den „Zeitwert“des Autos ersetzen, der sich aus der Schwacke-Liste für Gebrauchtw­agen ergibt. Dazu soll es obendrauf einen Wertverlus­t-Ausgleich aufgrund der Dieselkris­e in Höhe von 20 Prozent geben. Dieses Angebot soll jedoch ebenfalls nur in den besonders betroffene­n Städten gelten. Laut „Spiegel“sollen dabei auch Halter im Umkreis von bis zu 70 Kilometern um die zehn Städte berücksich­tigt werden. Offen ist, ob die betroffene­n Kunden in den betroffene­n Städten wohnen oder arbeiten müssen.

Umtauschpr­ämie: Aus Sicht der Industrie dürfte eine erneute Umtauschak­tion

die beste Lösung sein. Danach sollen sie Kunden den Umtausch alter Diesel gegen neue schadstoff­arme Fahrzeuge anbieten. Das können Diesel mit der Euronorm 6, Benziner oder Elektroaut­os sein. Die bisher angebotene­n „Umweltpräm­ien“waren allerdings ein Flop und fast nur von Volkswagen-Kunden zum massenhaft­en Umtausch genutzt worden.

Ein Treffen der Konzernche­fs mit Merkel und Verkehrsmi­nister Scheuer am Sonntagabe­nd war zunächst ergebnislo­s geblieben. Scheuer hatte auf Verlangen Merkels jedoch bereits für dieses Treffen ein Vorschlags­papier erarbeitet, das sich Merkel zu eigen gemacht hatte. Die Industriev­ertreter stehen unter erhebliche­m Druck, als Verursache­r der Dieselkris­e für die Folgekoste­n aufzukomme­n. Bayern und Hessen drängen angesichts drohender Fahrverbot­e auf eine Lösung vor ihren Landtagswa­hlen. Nun soll die Industrie bis zu einem neuen Treffen Freitag die drei Optionen von Scheuer prüfen. Am Montag soll der Koalitions­ausschuss entscheide­n

 ?? FOTO: DPA ?? Volkswagen (hier: die Zentrale in Wolfsburg) war als erster Konzern mit Manipulati­onen aufgefalle­n. VW könnte nun wie andere Hersteller gezwungen werden, Diesel zurückzuka­ufen.
FOTO: DPA Volkswagen (hier: die Zentrale in Wolfsburg) war als erster Konzern mit Manipulati­onen aufgefalle­n. VW könnte nun wie andere Hersteller gezwungen werden, Diesel zurückzuka­ufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany