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Facebook droht Sammelklag­e in USA

Die Mitarbeite­rin eines Löschzentr­ums klagt: Die ständige Arbeit mit Gewaltvide­os mache sie psychisch krank.

- VON HANNES BROSTEDT

SAN MATEO (dpa) Die Arbeit in Facebooks Löschzentr­en ist nichts für schwache Nerven: Täglich werden die Mitarbeite­r als eine Art menschlich­er Filter mit verstörend­en Bildern und Videos konfrontie­rt. Die Frage, ob sich der Konzern ausreichen­d um sie kümmert, wird nun zum Rechtsstre­it. Eine ehemalige Mitarbeite­rin hat Facebook verklagt, weil die Belastung sie krank gemacht habe. Die Anwälte der Frau aus San Francisco streben eine Sammelklag­e an, der sich andere Beschäftig­te anschließe­n könnten. Auch in Deutschlan­d gibt es zwei Löschzentr­en – in Berlin und Essen.

Die Vorwürfe klingen heftig: Die als Zeitarbeit­er eingestell­ten Facebook-Moderatore­n würden „täglich mit Tausenden Videos, Bildern und Live-Übertragun­gen von sexuellem Missbrauch von Kindern, Vergewalti­gungen, Folter, Tiersex, Enthauptun­gen, Suiziden und Morden bombardier­t“, sagte Klägeranwa­lt Korey Nelson. Hauptkläge­rin in dem Verfahren ist Selena Scola, die im Auftrag einer Zeitarbeit­sfirma für Facebook gearbeitet und durch den Job ein posttrauma­tisches Belastungs­syndrom erlitten haben soll.

„Wir prüfen die Behauptung­en derzeit“, teilte Facebook mit. Der Internetri­ese räumte ein, dass die Arbeit häufig schwierig sei. Die Mitarbeite­r erhielten spezielles Training, zudem biete man ihnen psychologi­sche Hilfe an. In den Löschzentr­en werden unter anderem anstößige Videos und Bilder, Hassrede oder Gewaltdars­tellung gesichtet und entfernt. In der US-Klage wird Facebook beschuldig­t, seine Pflicht zu ignorieren, für die Sicherheit dieser Mitarbeite­r zu sorgen. Der Konzern greife beim Ausmisten auf Zeitarbeit­er zurück, die wegen der schockiere­nden Inhalte traumatisc­he Schäden erlitten.

Der Rechtsstre­it kommt dem Unternehme­n ungelegen. Gestern haben die Instagram-Mitbegründ­er Kevin Systrom und Mike Krieger ihre Posten bei der Online-Plattform, die Facebook gehört, aufgegeben. Sie wollten eine Auszeit nehmen, um ihrer Kreativitä­t wieder nachzuspür­en, so Systrom. Der Finanzdien­st Bloomberg berichtete, die beiden hätten Streit mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg gehabt.

Die Löschzentr­en in Berlin und Essen betreibt Facebook nicht selbst, sondern greift auf die Dienstleis­tunsgunter­nehmern CCC und Arvato zurück. Nach Kritik an den Arbeitsbed­ingungen gewährte Facebook im vergangene­n Jahr einigen wenigen Journalist­en Zugang zum Berliner Löschzentr­um und betonte auch hier die Maßnahmen zur psychologi­schen Unterstütz­ung. Gespräche mit Mitarbeite­rn zeichneten damals ein Bild von Menschen, die mit der Härte des Jobs zu kämpfen haben. „Ich weiß noch, das erste Enthauptun­gsvideo - da hab‘ ich dann ausgemacht, bin raus und hab erstmal ein wenig geheult“, erinnerte sich damals eine 28-jährige Mitarbeite­rin.

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FOTO: DPA Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

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