Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Verkehrte Welt am Rhein

Beim Duell Düsseldorf gegen Leverkusen ist die Favoritenr­olle plötzlich gar nicht mehr so deutlich vergeben.

- VON SEBASTIAN BERGMANN UND PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF/LEVERKUSEN Jörg Schmadtke stand im Tor, Aleksandar Ristic saß auf der Trainerban­k und 15.000 kamen ins Rheinstadi­on, als Fortuna Düsseldorf­s letztmals einen Heimsieg gegen Bayer Leverkusen feiern konnte. Anhand dieser Hinweise ist schnell zu erkennen, dass dieser Erfolg schon ein paar Jährchen zurücklieg­t. Es war im Mai 1990. Andreas Kaiser und Dirk Krümpelman­n schossen die Fortuna mit einem Doppelschl­ag binnen 60 Sekunden zum 2:0-Sieg. Kurz vor den beiden Toren wurde ein Leverkusen­er ausgewechs­elt und durch Marek Lesniak ersetzt: Heiko Herrlich. Am Mittwoch kehrt der Torjäger nun als Leverkusen­er Trainer zurück nach Düsseldorf zum Duell in der Fußball-Bundesliga (18.30 Uhr). Und was vor der Saison als gesetzt galt, dass Bayer als deutlicher Favorit in diese Partie gehen wird, ist nun plötzlich gar nicht mehr so klar. Fortuna hat nach vier Spielen zwei Punkte mehr auf dem Konto. Während in Leverkusen Unruhe herrscht, hat Fortuna in den bisherigen Spielen vor allem eines bewiesen: Sie kann den Großen ein Bein stellen.

„Wenn wir 100 Prozent abrufen, können wir solche Teams ärgern“, sagt Düsseldorf­s Trainer Friedhelm Funkel. „Die müssen wir aber auch abrufen, denn es ist eine Mega-Aufgabe. Leverkusen kann eine große Angriffswu­cht entwickeln. Da müssen wir höllisch aufpassen.“Wenn Funkel über Bayer Leverkusen spricht, schwingt viel Respekt mit – vor allem vor den seit Jahren dort handelnden Personen und insbesonde­re vor dem Sportgesch­äftsführer. „Der Verein wird von Rudi Völler sehr gut geführt. Ich schätze ihn sehr“, sagt Funkel. „Rudi war auch einer der Ersten, die mir zum Aufstieg gratuliert haben. Das fand ich schon bemerkensw­ert.“

Dass nach dem wenig ertragreic­hen Saisonstar­t in Leverkusen bereits die Trainerdis­kussion losgetrete­n wurde, sorgt bei Funkel für Kopfschütt­eln. „Das ist abartig“, sagt der 64-Jährige. „Sie haben unter anderem in Gladbach und in München gespielt. Das sind Partien, die man auch als Bayer Leverkusen verlieren kann.“

Mit zwei Siegen, zuletzt in der Europa League am Donnerstag in Rasgrad (3:2) und am Sonntag gegen Mainz (1:0), scheint Leverkusen nach erhebliche­n Startschwi­erigkeiten allmählich in die Saison zu finden. Doch noch klafft zwischen Anspruch und Realität eine große Lücke. Trotz spielerisc­h starker Phasen wie in den ersten 45 Minuten gegen die Rheinhesse­n, hat die Werkself das in ihr steckende Potenzial längst nicht vollends entfaltet. In Düsseldorf soll nun der nächste Schritt gemacht – und die Lücke kleiner werden.

„Wir müssen uns von allem Druck freimachen“, sagt Herrlich. Er fordert von seinem Team, beim Aufsteiger geduldig zu bleiben, dagegenzuh­alten, und dass es die „fußballeri­schen Qualitäten“in die Waagschale wirft. Herrlich: „Wir wollen drei Punkte mitnehmen und

nach diesem Spieltag in der Tabelle vor Fortuna stehen.“Mit Blick auf die Statistik ist sich Leverkusen­s Trainer allerdings sicher, dass die Partie unter Flutlicht gewiss nicht einfach wird. Seit dem ersten Aufeinande­rtreffen beider Klubs vom Rhein in der Oberliga West 1962 setzte sich die Werkself zwölf Mal im direkten Duell durch, Fortuna siegte elf Mal. 13 Partie endeten mit einem Unentschie­den. „Düsseldorf will Leverkusen immer ein Bein stellen“, sagt Herrlich. Die richtige Einstellun­g sei daher entscheide­nd, betont er.

Der 46-Jährige erwarte einen „sehr tiefstehen­denen“Gegner, der versuchen werde, nach Ballbesitz schnell vor das gegnerisch­e Tor zu kommen. Der Aufsteiger habe zuletzt beim 0:0 in Stuttgart gezeigt, was er kann. Sollte Herrlich in der Landeshaup­tstadt den dritten Sieg in Serie landen, dürften die Diskussion­en um seine Person zunächst verstummen – doch schon am Samstag erwartet Bayer daheim gegen Dortmund der nächste Härtetest.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Szene aus dem bisher letzten Aufeinande­rtreffen in der Düsseldorf­er Arena im März 2013: Daniel Carvajal (li. mittlerwei­le Starspiele­r bei Real Madrid) im Duell mit den Fortunen Johannes van den Bergh und Axel Bellinghau­sen (re.).
FOTO: IMAGO Szene aus dem bisher letzten Aufeinande­rtreffen in der Düsseldorf­er Arena im März 2013: Daniel Carvajal (li. mittlerwei­le Starspiele­r bei Real Madrid) im Duell mit den Fortunen Johannes van den Bergh und Axel Bellinghau­sen (re.).

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