Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Volleyball­erin plant ihr Leben nach der Amokfahrt

Chiara Hoenhorst (21) wurde bei der Tat am 7. April in Münster schwer verletzt. Nun trainiert sie wieder beim USC Münster.

- VON HENNING KAMPEN

MÜNSTER (sid) Chiara Hoenhorst kann sich an den 7. April 2018 nicht erinnern, obwohl es um ein Haar der letzte Tag ihres Lebens gewesen wäre. „Mein Ersthelfer hat mir verraten, dass er damals nicht davon ausgegange­n ist, dass ich das überlebe“, sagt die 21-Jährige, die bis 2015 beim Moerser SC spielte.

Im Gegensatz zu der Volleyball­erin des Bundesligi­sten USC Münster wird besagter Tag den meisten Einwohnern von Münster wohl für immer im Gedächtnis bleiben. Bei einer Amokfahrt fuhr ein Mann mit einem Kleinbus in die belebte Altstadt und lenkte das Fahrzeug absichtlic­h in die Menge. Vier Menschen starben, der Täter erschoss sich anschließe­nd selbst.

Chiara Hoenhorst, die sich nun auf der Homepage ihres Vereins öffentlich äußerte, verdankt ihr Leben den Rettungssa­nitätern am Unfallort und den behandelnd­en Ärzten, vor allem aber wohl ihrem Ersthelfer. „Er ist Berufssold­at und war daher in der Lage, die Schwere meiner Verletzung­en sehr gut einschätze­n zu können“, sagt sie.

Vor wenigen Tagen traf sie ihren Retter, die Begegnung sei für sie „sehr beeindruck­end“gewesen: „Er sagte mir, dass er verschiede­ne Anzeichen für eine schwere Kopfverlet­zung bei mir ausgemacht hat. Das hat er den herbeigeei­lten Rettungssa­nitätern gleich mit auf den Weg gegeben.“Wegen der starken Schwellung­en im Schädel wurde Hoenhorst zwischenze­itlich ein Stück Schädeldec­ke entfernt, das später in einer zweiten OP wieder eingesetzt wurde.

An den Tathergang kann Hoenhorst sich nicht mehr erinnern. „Ich war mit meiner Freundin shoppen“, sagt die junge Frau, die von ihrer Begleitung über die Geschehnis­se aufgeklärt wurde: „Wir waren auf dem Rückweg Richtung Prinzipalm­arkt. Vor der Terrasse des Restaurant­s Kiepenkerl fehlten zwei Poller, durch die der Fahrer durch ist. Wir sind genau in diesem Moment einfach über den Bürgerstei­g dort hergelaufe­n.“Beide wurden von dem Kleinbus erfasst.

Aktuell trainiert die Volleyball­erin bereits wieder mit ihren Teamkolleg­innen. Nicht das volle Programm und nicht ohne Kopfschutz allerdings. Die 1,88 Meter große Außenspiel­erin hat jedoch ambitionie­rte Ziele: „Wenn es weiterhin so gut läuft und Ärzte und Versicheru­ngen grünes Licht geben, dann könnte ich zum Bundesliga-Auftakt Ende Oktober spielberei­t sein. Der Sport war nach dem Aufwachen aus dem künstliche­n Koma ohnehin meine größte Sorge.“

Im Oktober nimmt Hoenhorst ihr BWL-Studium wieder auf. Sie führt inzwischen fast wieder ihr altes Leben - und hat den schlimmste­n Tag darin einfach ausgeblend­et.

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FOTO: IMAGO Chiara Hoenhorst bei einem Spiel im Februar 2018.

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