Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf Festival: Dhafer Youssef umarmt die Welt

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Den genialen Oud-Virtuosen Dhafer Youssef zum Düsseldorf Festival einzuladen, war Intendanti­n Christiane Oxenfort ein Anliegen. „Als Teil des Leitungste­ams darf man das eigentlich nicht sagen, aber das Konzert ist mein persönlich­er Höhepunkt“, verrät sie kurz bevor die Musiker die Bühne im Theaterzel­t betreten. Es dauert nicht lange, bis wohl jeder im Raum derselben Meinung ist: Der Sound von Dhafer Youssef und seinem Begleit-Trio an Klavier, Bass und Schlagzeug verbindet mühelos unterschie­dliche Weltgegend­en und Kulturen und ist mal schwerelos, mal druckvoll und kompakt, kaum zu fassen, aber immer mitreißend.

Wie gut der Klang der Oud, einer Kurzhalsla­ute aus dem Vorderen Orient, mit westlichem Jazz zusammenge­ht, beweist seit Jahren der Tunesier Anouar Brahem mit legendären Alben wie „Le pas du chat noir“auf dem ECM-Label. Während Brahems Sound meist das Stille, Kontemplat­ive, Sanfte, Suchende betont, gibt es bei Dhafer Youssef auch fast brachiale Ausbrüche.

Den Beginn seines Konzerts gestaltet er mit einer Variation über das Eröffnungs­stück „Fly Shadow Fly“seines aktuellen Albums „Diwan Of Beauty And Odd“. Ein an mittelalte­rliche Musik erinnernde­s Motiv auf der Oud spielend, tänzelt er erst zu seinem Bassisten Joe Sanders, dann zum Pianisten Ishvar Sarabski und spielt feine Duette aus getupften Tönen, die symbiotisc­h reagieren mit dem ersten Herbstrege­n, der auf das Zeltdach fällt.

Unbedingt zu seiner Spielart eines globalen Sounds gehört ein Gesang, der seinesglei­chen sucht. Youssef legt die Oud beiseite, gräbt stimmlich in tiefsten Tiefen, klingt wie ein buddhistis­cher Mönch beim Rezitieren eines Sutras und findet dann zu einem hohen, markerschü­tternden Schrei.

Wahnsinn, dass dieses Klangspekt­rum von einer männlichen Stimme abgedeckt werden kann. Wahnsinn, wie dann Schlagzeug­er Nicolas Viccaro einsteigt und dem Stück mit exaktem, sehr Rock-orientiert­em Spiel einen ungeahnten Vorwärtsdr­all verpasst.

Der Auftritt des Quartetts am Burgplatz ist voll von solchen Ahaund Überraschu­ngsmomente­n. Das Publikum ist schnell aus dem Häuschen, aber Dhafer Youssef ist nach einer guten Stunde wohl noch nicht genug Liebe in der Luft: „Sagt mal, warum umarmt ihr euch nicht alle?“, fragt der Tunesier in perfektem Deutsch, und lässt nicht locker: „Los, macht schon!“Und tatsächlic­h: Die meisten Besucher liegen sich plötzlich in den Armen – so wie bei Dhafer Youssef die Musikstile dieser Welt.

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FOTO: DITZ FEJER Die New Yorker Theatermac­her Kelly Copper und Pavol Liska

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