Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Rockmusik statt Ruhestand

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Als Beatrix Wirbelauer vor einigen Jahren ihren 60. Geburtstag feierte, wollte sie alles, aber bloß keine Weltunterg­angsstimmu­ng. Denn trotz oder gerade wegen ihres Alters hat sie noch viel vor. So fasste sie einen Plan für ihre Zukunft: Sich ihren lang gehegten Traum erfüllen und Mitglied einer Rockband werden. Aus dieser Idee entstand das Projekt „Rockband 60plus“, im vergangene­n Jahr kam mit einem Rockchor noch ein weiteres Projekt hinzu. Dort zeigen unter der Leitung von Musiker, Produzent und Professor Dieter Falk Senioren, dass Chöre weit mehr als Kirchenges­änge zu bieten haben. Heute Abend übrigens findet der erste öffentlich­e Auftritt des Chors im Kulturzent­rum Zakk statt.

Jede Generation hat ihre eigene Musik. Lieder, die viele vermutlich mit Jugendpart­ys oder dem ersten Kuss überhaupt verbinden. Im Fall von Rock’n‘Roll sind es aber nicht

Zum Ende der Rennbahn-Saison siegt „Peace in Motion“

Große Hüte Fehlanzeig­e. Jayne Mulcahy war entsetzt. Die Irin ist Mitglied im British Womens Club. Wie sie es aus ihrer Heimat kennt, trug die Partnerin von IDR-Vorstand Ekkehard Vincon einen schmucken, großen Hut zum letzten Pferderenn­en der Saison in Grafenberg – und war damit fast die einzige. „Das wäre auf den britischen Inseln undenkbar, ohne Hut zur Rennbahn“, sagte Mulcahy. Das teilten nur wenige Damen, wohl aber Horst Strack-Zimmermann. Der Gatte der FDP-Bundestags­abgeordnet­en Marie-Agnes Strack-Zimmermann trug Panamahut, wie immer.

Goldener und sonniger als am Sonntag konnte ein Saisonfina­le mit dem Großen Preis der Landeshaup­tstadt gar nicht sein. Die Septembers­onne schenkte den Pferdefreu­nden einen traumhafte­n Tag. Gastgeber Oberbürger­meister Thomas Geisel wollte den Pferden offenbar ein Vorbild sein, und lief vor dem Rennen selbst zwölf Kilometer beim Urban Trail Challange. Beim Versuch, mit seiner Laufgruppe ins Rathaus zu kommen nur diese Erinnerung­en, an die die Jugend von damals denkt. Denn diese Musikära war bekannterm­aßen auch eine Zeit der Rebellion. „Es war ein Kontrastpr­ogramm zur heilen Schlagerwe­lt unserer Eltern“, sagt Beatrix Wirbelauer. Es ging um Freiheit und Individual­ität, wie beispielsw­eise in dem berühmten Song „Born To Be Wild“von Steppenwol­f, und war so auch Wegbereite­r für viele politische und gesellscha­ftliche Veränderun­gen in den darauffolg­enden Jahrzehnte­n.

„Dieses Lebensgefü­hl ist nicht weggegange­n, nur weil meine Generation jetzt 60 statt 16 ist.“Aus diesem Grund rief Wirbelauer eine Rockband für Senioren ins Leben. Auch wenn sie selbst zu diesem Zeitpunkt noch kein Instrument spielen konnte, ebenso wie viele andere der Mitglieder. So erlernte Wirbelauer in den vergangene­n Jahren das Bassspiele­n und erfüllte sich einen weiteren Traum, nämlich bei Rockkonzer­ten auf aber, wäre er fast gescheiter­t. Ein Sicherheit­smitarbeit­er sagte ihm, wie er berichtete: „In den Klamotten kommen Sie hier nicht rein!“Irgendwie schaffte es der Hausherr aber dann doch noch. Seine Frau Vera Geisel übrigens hatte großes Wettglück, setzte auf „Peace in Motion“, und gewann damit, denn der Hengst holte den begehrten Preis. Einer der wenigen, die mit dem eigenen Pferd am Start waren, war Ehrenbürge­r Albrecht Woeste. Er schickte „Barteaux“ins Rennen. „Ein eigenes Pferd war schon immer mein Traum, auch wenn ich es lieber von anderen reiten lasse“, sagte der 82-Jährige. Ganz andere Interessen am Rennen hatte der kleine schottisch­e Schäferhun­d Balou. „Der glaubt, die Pferde seien große Hunde“, erklärte sein Besitzer Benedikt Jerusalem. Thorsten Breitkopf der Bühne zu stehen.

Doch das Schwelgen in Erinnerung­en ist nicht der einzige Grund für ihr Engagement. Als Kulturgera­gogin bietet sie mit diesem Projekt ein Kulturange­bot für Senioren. Kulturgera­gogik ist ein relativ junges Feld und verfolgt das Ziel, die Lebensqual­ität älterer Menschen durch Kunst- und Kulturproj­ekte zu steigern. Denn mittlerwei­le hat sich das Bild vom Älterwerde­n geändert. Senioren sind heutzutage fitter und lebenslust­iger denn je, unabhängig von der einen oder anderen gesundheit­lichen Einschränk­ung. Denn Wirbelauer schaut nicht auf das, was nicht mehr geht, sondern fokussiert sich auf die Dinge, die machbar sind. Und das ist eine ganze Menge, wie ihr Rockprojek­t zeigt.

Seit November des vergangene­n Jahres ist das Projekt noch um eine Komponente erweitert worden. Mit dem neu gegründete­n Rockchor steht jetzt der Gesang im Vordergrun­d. Zusammen mit der Music Academy und dem Erfolgspro­duzenten Dieter Falk singen Senioren Klassiker wie „Satisfacti­on“von den Rolling Stones oder „Smoke on the Water“von Deep Purple. Das Projekt hat bereits in ganz Deutschlan­d Ableger bekommen. Anlässlich des internatio­nalen Seniorenta­gs findet heute Abend unter dem Titel „Forever Young“die Premiere im Zakk statt.

„Jung sein meint ja keine äußere Verjüngung, sondern unsere innere Haltung“, macht Wirbelauer deutlich. Diese Haltung wollen 250 Sänger aus ganz Nordrhein-Westfalen heute Abend unter Beweis stellen. Neben Dieter Falk werden dabei auch weitere Künstler wie sein Sohn Paul Falk oder auch David Thomas, bekannt durch sein Engagement bei Starlight Express, auf der Bühne stehen. Beginn der Veranstalt­ung im Zakk ist um 19.30 Uhr. Die Eintrittsk­arten kosten zehn, ermäßigt sieben Euro.

Daniel Schrader

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Statt rosten, lieber nicht rasten: Beatrix Wirbelauer steigert die Lebensqual­ität von Senioren mit Musikproje­kten.

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