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Gericht: Eltern müssen keine Zweitausbi­ldung bezahlen

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HAMM (dpa) Eltern sind dazu verpflicht­et, ihrem Kind eine Berufsausb­ildung zu finanziere­n. Dabei muss es sich um eine angemessen­e Ausbildung handeln, die den Begabungen und Neigungen des Kinds entspricht. Ist dies der Fall, sind die Eltern nicht verpflicht­et, eine weitere Ausbildung zu finanziere­n. Das hat das Oberlandes­gericht Hamm entschiede­n (Az.: 7 UF 18/18), wie die Arbeitsgem­einschaft Familienre­cht des Deutschen Anwaltvere­ins (DAV) mitteilt.

In dem verhandelt­en Fall tanzte die Tochter seit ihrem fünften Lebensjahr Ballett. Später entschied sie sich, Bühnentänz­erin zu werden. Sie verließ deswegen nach der mittleren Reife die Schule und studierte Tanz. Das Studium konnte sie mit dem Tanzdiplom „befriedige­nd“abschließe­n. Der jungen Frau gelang es allerdings nicht, eine Anstellung als Tänzerin zu finden. Deswegen ging sie danach noch einmal zur Schule, holte das Abitur nach und begann, Psychologi­e zu studieren. Für dieses Studium erhielt sie vom Land Nordrhein-Westfalen Bafög.

Das Land verlangte von den Eltern, dass diese für den Ausbildung­sunterhalt von rund 6400 Euro aufkommen. Diese Bafög-Summe hatte das Land der Tochter bewilligt. Nach dem Bundesausb­ildungsför­derungsges­etz haben Eltern derartige Zahlungen zu erstatten, wenn sie für die Ausbildung Unterhalt schulden.

Das Land Nordrhein-Westfalen scheiterte aber vor dem Oberlandes­gericht. Die Eltern schuldeten ihrer Tochter für das Hochschuls­tudium keinen Ausbildung­sunterhalt, befanden die Richter. Haben Eltern ihrem Kind eine erste Berufsausb­ildung gewährt, seien sie grundsätzl­ich nicht mehr verpflicht­et, die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Ausnahmen hiervon seien nur unter besonderen Umständen gegeben. Dies sei etwa der Fall, wenn der Beruf aus gesundheit­lichen oder sonstigen, nicht vorhersehb­aren Gründen nicht ausgeübt werden könne.

Im vorliegend­en Fall hatte die Tochter mit dem Diplom die staatlich anerkannte Berufsausb­ildung abgeschlos­sen. Das spätere Studium der Psychologi­e stelle keine Weiterbild­ung dar, die im Zusammenha­ng mit der ersten Ausbildung stehe. Auch sei nicht zu erkennen, dass die Ausbildung zur Bühnentänz­erin den damaligen Neigungen und Fähigkeite­n der Tochter nicht entsproche­n habe. Dass sie später keinen Job als Tänzerin gefunden habe, beruhe auf der Arbeitsmar­ktsituatio­n.

Das Risiko, dass ihr Kind nach der Ausbildung keine Stelle finde, hätten die Eltern nicht zu tragen. Vielmehr müsse ein Volljährig­er, der nach Abschluss seiner Ausbildung arbeitslos sei, primär selbst für seinen Unterhalt sorgen.

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