Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nur der Kaiser aß aus gelben Schalen

Chinesisch­e Keramik und die Symbolkraf­t der Farben stehen im Zentrum einer Ausstellun­g im Hetjens-Museum.

- VON CLAUS CLEMENS

Die neue Ausstellun­g im Hetjens-Museum trägt den Titel „Alle Farben Chinas“. Ein beträchtli­cher Teil der Exponate gehört zum hauseigene­n Bestand, wird aber mehr als ergänzt durch Leihgaben aus bedeutende­n deutschen Privatsamm­lungen. In der chinesisch­en Kultur besaßen Farben symbolisch­e Bedeutunge­n, die meist den drei großen philosophi­schen Lehren Daoismus, Konfuziani­smus und Buddhismus entsprange­n. Sie konnten Elemente, Energien, kosmische Zyklen, Dynastien, Gottheiten oder Planeten repräsenti­eren. Aus diesem Grund besitzen auch Farbglasur­en und Schmelzfar­bendekore auf alter chinesisch­er Keramik oft tiefere Bedeutungs­inhalte, die sich nur den Eingeweiht­en erschließe­n. Die suggestive­n Farbbotsch­aften richteten sich an den menschlich­en Betrachter, oft waren sie aber auch für die Götter bestimmt.

Grundlage der chinesisch­en Sichtweise auf Farben ist die daoistisch­e Fünf-Elemente-Lehre. Laut dieser Lehre besteht der Kosmos aus den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Jedes Element wird durch eine bestimmte Farbe, Himmelsric­htung, Jahreszeit, einen Planeten, ein Symboltier und weitere Dinge repräsenti­ert. Die fünf Grundfarbe­n Schwarz, Weiß, GrünBlau, Rot und Gelb stehen symbolisch für den ständigen Wandel der Welt. Jede chinesisch­e Kaiserdyna­stie wählte eins der fünf Elemente und damit auch eine Farbe als ihr dynastisch­es Symbol. Viele offizielle Porzellane der Yuan- (weiß), Ming- (gelb) und Qing-Dynastien (gelb) wurden daher in deren dynastisch­en Farben glasiert.

Prachtstüc­k der Ausstellun­g ist ein kaiserlich­er Acht-Pfirsich-Teller, den ein Privatsamm­ler zur Verfügung gestellt hat. Sein Wert wird siebenstel­lig taxiert. Die wunderschö­ne Bemalung ist voller Symbolik, die man sich am besten bei einer Führung erläutern lässt.

Die Glasuren der Ritualporz­ellane, die von den Ming- und Qing-Kaisern bei den wichtigen Staatsrite­n zu Ehren des Himmels, der Erde, des Monds und der Sonne verwendet wurden, folgten nicht gänzlich der Fünf-Elemente-Lehre. Sie orientiert­en sich mehr an den tatsächlic­hen Farben des verehrten Konzepts. Auf dem Himmelsalt­ar wurden blaue, auf dem Erdaltar gelbe, auf dem Sonnenalta­r rote und auf dem Mondaltar weiße oder hellblaue Opfergefäß­e verwendet. Farben, Formen und Größen waren, wie praktisch jedes Detail der Riten, in offizielle­n Regularien festgelegt.

Am Kaiserhof gab es ebenfalls besondere Regeln für die Verwendung farbigen Porzellans. Bei festlichen Anlässen wurde in der größten Halle des inneren Hofes der Verbotenen Stadt, ein Festbanket­t aufgetisch­t, an dem die Kaiserin, seine Mutter und alle seine weiteren Gemahlinne­n teilnahmen. In den Palastregu­larien war genau festgelegt, wie die Farbdekore der Porzellans­chalen auszusehen hatten. Nur der Kaiser, die Kaiserin und die Witwe des alten Kaiser durften aus vollständi­g gelbglasie­rten Schalen essen. Je höher der Rang einer Gemahlin, desto näher standen die Speisen am erhöhten Thron, wo der Kaiser alleine unter der Plakette mit der Aufschrift „Der große Rechtschaf­fene erstrahle hell!“speiste. Eine Konkubine konnte durch die Geburt eines Sohnes, den Tod einer Höherrangi­gen oder die Gunst des Kaisers in der Haremshier­archie aufsteigen, also im Laufe ihres Lebens von verschiede­nen Farbdekore­n gegessen haben.

Schwerpunk­t der Ausstellun­g ist die monochrome Keramik, die in China vor der Verbreitun­g des Blauweißpo­rzellans am beliebtest­en war. Es werden Stücke aus fünf Kaiserdyna­stien und verschiede­nen regionalen Produktion­szentren vorgestell­t, von denen viele einen hohen Grad an technische­r Perfektion und modern wirkender, puristisch­er Ästhetik besitzen. Kaum zu glauben, dass es sich um Jahrhunder­te alte Handwerksk­unst handelt.

Weitere Schwerpunk­te der Ausstellun­g sind bichrome und polychrome Porzellane der Ming- und Qing-Dynastien, die am kaiserlich­en Hof für Staatsritu­ale und als Bankettges­chirre verwendet wurden.

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 ?? FOTO: LANDESHAUP­TSTADT DÜSSELDORF/LARS HEIDRICH FOTO: HORST KOLBERG ?? Das Hetjensmus­eum zeigt in der Ausstellun­g „Alle Farben Chinas!“Kostbarkei­ten aus über 1000 Jahren chinesisch­er Keramikges­chichte, darunter der kaiserlich­e Acht-Pfirsich-Teller. Monochrome Porzellane der Qing-Zeit, 17. bis 18. Jahrhunder­t, teilweise aus Privatsamm­lungen
FOTO: LANDESHAUP­TSTADT DÜSSELDORF/LARS HEIDRICH FOTO: HORST KOLBERG Das Hetjensmus­eum zeigt in der Ausstellun­g „Alle Farben Chinas!“Kostbarkei­ten aus über 1000 Jahren chinesisch­er Keramikges­chichte, darunter der kaiserlich­e Acht-Pfirsich-Teller. Monochrome Porzellane der Qing-Zeit, 17. bis 18. Jahrhunder­t, teilweise aus Privatsamm­lungen
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FOTO: LANDESHAUP­TSTADT DÜSSELDORF/LARS HEIDRICH Auch figürliche Stücke sind in der Ausstellun­g zu finden.

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