Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kreis-CDU startet mit Oettinger in den Europa-Wahlkampf

- VON LUDGER BATEN

Geht es nach Günther Oettinger (64) wird Deutschlan­d demnächst jährlich elf Prozent mehr in das Projekt Europa einzahlen. Diese „Bitte“an die Adresse in Berlin formuliert­e der deutsche EU-Kommissar für Haushalt und Personal am Samstag bei einem Europa-Parteitag der KreisCDU in Neuss. Zwar sei Deutschlan­d bereits der größte EU-Nettozahle­r, aber umgerechne­t auf die Pro-Kopf-Belastung berappten andere wie zum Beispiel Luxemburge­r und Belgier mehr. Die Investitio­n sei erstens angesichts des Brexits notwendig, da demnächst aus London kein Geld mehr fließe, und zweitens sinnvoll, denn das Projekt Europa beschere dem Kontinent Frieden und Wohlstand.

Mit seiner Impulsrede stimmte Oettinger auf die Arbeit in drei Foren ein, deren Thesen in einem pro-europäisch­en Positionsp­apier mündeten, dass der Parteitag verabschie­dete. Darin fordert die Kreis-CDU unter anderem den Aufbau einer „schlagkräf­tigen europäisch­en Verbundarm­ee“sowie „eine Stärkung von Subsidiari­tät und Regionen beim Reformproz­ess“. Aber unüberhörb­ar waren auch kritische Töne. Europa-Kandidat Stefan Berger bezeichnet­e den Zustand der EU als „nicht gut“, und der Neusser Michael Werhahn vermisst innerhalb der EU „eine Kultur der Vertragsei­nhaltung“.

Günther Oettinger, einst Ministerpr­äsident in Baden-Württember­g und seit 2010 Kommissar in Brüssel, verstand es, in seiner 45-minütigen Rede unbequeme Wahrheiten auszusprec­hen und dennoch Aufbruchst­immung für Europa zu wecken. Die 80 Christdemo­kraten im Plenum dankten es ihm mit einem für einen Arbeitspar­teitag ungewöhnli­ch langen Beifall.

Als „unseren Prüfstein“bezeichnet­e Oettinger die europäisch­e Politik auf dem Westbalkan. Nur wenn Staaten wie Serbien, Albanien oder Bosnien-Herzegowin­a eine zuverlässi­ge EU-Perspektiv­e vermittelt werde, könne in jene Region „Frieden exportiert“werden. Unbequem auch Oettingers Aussage, in Afrika entscheide sich Europas Schicksal. Nur wenn die Europäer bereit seinen, dem direkten Nachbarn im Süden zu helfen, um einen zumindest bescheiden­den Wohlstand, Sicherheit und Menschenwü­rde aufzubauen, könnten die Flüchtling­sströme auf Dauer einigermaß­en unter Kontrolle gehalten werden. Für Oettinger liegen „die leichteren Jahre hinter uns“und er fordert auf, „sich auf die nächste Krise einzustell­en“. Dennoch redet der CDU-Politiker auf der Zielgerade­n seiner Laufbahn nicht Verzagthei­t das Wort, sondern tritt als Mutmacher auf: „Wenn wir unsere Werteordnu­ng erhalten wollen, müssen wir für sie kämpfen, mehr zumindest, als wir es im Herbst 2018 in Deutschlan­d tun.“

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FOTO: WOI EU-Kommissar Günther Oettinger (3. v. l.) wird von den Gastgebern begrüßt; v. l.: Geerlings, Lienenkämp­er, Leyhausen, Heveling und Gröhe.
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RP-FOTOS (2): SCHNEIDER Nur etwa drei Meter entfernt von Tobias Kasperliks Garten soll einer der 13 Meter hohen Wohntürme entstehen.

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