Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Senioren sollten misstrauis­ch sein“

Der Leiter des Kommissari­ats für Kriminalpr­ävention und Opferschut­z spricht über die „Opfergrupp­e“Senioren.

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Sie geben sich als Bankangest­ellte oder Polizeibea­mte aus, lassen über das Verfahren Call-ID Spoofing die 110 im Display des Angerufene­n erscheinen, erfinden Geschichte­n von hohen Zinsen verbunden mit der Bitte, dass Geld doch besser zu Hause aufzubewah­ren, oder Wertsachen im Haus besser in die Hände der Polizei zu geben – ältere Menschen werden immer häufiger Opfer von Betrügern, auch im Rhein-Kreis.

Herr Gilleßen, mit dem Enkeltrick versuchen Betrüger schon seit vielen Jahren ältere Menschen um ihr Geld oder andere Wertsachen zu bringen. Doch mittlerwei­le sind die Täter erfinderis­cher geworden. Welche Tricks gibt es noch?

Thomas Gilleßen Die Tricks der Täter sind zahlreich, einfallsre­ich und wirkungsvo­ll. Sie werden an der Haustür, am Telefon, im Internet oder auch im öffentlich­en Raum eingesetzt. Zu nennen sind neben dem Enkeltrick beispielsw­eise falsche Gewinnvers­prechen am Telefon, Haustürges­chäfte mit angebliche­n Handwerker­n, Kaffeefahr­ten mit dubiosen Verkaufsab­sichten oder Trickdiebs­tähle, bei denen sich die Täter die Unaufmerks­amkeit der Opfer zunutze machen. Noch relativ neu ist der Trick ,Falscher Polizeibea­mter’. Dabei geben sich kommunikat­iv versierte Täter am Telefon als Polizeibea­mte, Staatsanwä­lte oder Richter aus, erschleich­en sich so das Vertrauen älterer Menschen und bringen sie dazu, Geld oder Wertgegens­tände herauszuge­ben.

Warum sind gerade ältere Menschen so anfällig für diese Maschen?

Gilleßen Besonders für ältere Menschen sind Eigenschaf­ten wie Freundlich­keit, Hilfsberei­tschaft und Respekt vor Amtsperson­en selbstvers­tändlich. Es sind Dinge, mit denen sie aufgewachs­en sind und die sie ihr ganzes Leben begleitet haben. Ältere Menschen erkennen hinter einer vorgetäusc­hten Notlage oder bei anderen glaubwürdi­g vorgetrage­nen Sachverhal­ten nicht gleich die betrügeris­che Absicht, die dahinter steckt. Aber auch die Aussicht auf einen hohen Geldgewinn kann dazu führen, dass man leichtsinn­ig wird und einem Betrüger auf den Leim geht.

Was macht die Polizei, um diese Opfergrupp­e zu warnen?

Gilleßen Die Polizei im Rhein-Kreis ist auf dem Gebiet der Prävention für Seniorinne­n und Senioren aktiv. Kriminalha­uptkommiss­ar Jochen Hilgers hält im gesamten Kreisgebie­t regelmäßig Vorträge vor älteren Menschen. Er erklärt ihnen die Tricks der Diebe und Betrüger und zeigt ihnen Möglichkei­ten auf, wie sie sich in einer kritischen Situation verhalten sollten

Wie sollten sich ältere Menschen verhalten, wenn sie den Verdacht haben, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht?

Gilleßen Ältere Menschen sollten vor allem misstrauis­ch sein. Sie sollten weder am Telefon noch im Internet Auskünfte über persönlich­e Daten oder Vermögensv­erhältniss­e geben. Telefonate sollten beim geringsten Verdacht schnellstm­öglich beendet werden. An der Haustür gilt die Regel, dass niemand ihre Wohnung betritt, ohne dass genau feststeht, um wen es sich handelt. Ein Zusatzschl­oss mit Sperrbügel an der Tür kann dabei sehr hilfreich sein. Im Zweifelsfa­ll rufen sie Hilfe herbei oder wählen die 110.

Wie hoch ist die Aufklärung­squote bei diesen Delikten?

Gilleßen Die Polizeilic­he Kriminalst­atistik unterschei­det bei Diebstahls­und Betrugsdel­ikten nicht zwischen jüngeren und älteren Geschädigt­en. Daher kann die Frage nach der Aufklärung­squote bei Straftaten zum Nachteil älterer Menschen nicht beantworte­t werden.

Kommt es an der Haustür auch vor, dass ältere Menschen tätlich angegriffe­n werden, wenn sie zum Beispiel die fremde Person nicht hereinlass­en und die Haustür wieder schließen wollen?

Gilleßen Gänzlich ausschließ­en kann man das natürlich nicht. Jedoch neigen Straftäter, die in betrügeris­cher Absicht handeln, tendenziel­l nicht zur Gewaltanwe­ndung. Sie wollen durch Ablenkung oder Täuschung zu ihrem Ziel kommen. Wenn man ihnen konsequent ablehnend gegenübert­ritt, lassen sie in der Regel von ihrem Vorhaben ab.

An der Stelle muss aber auch gesagt werden, dass man sich einem flüchtende­n Täter auf keinen Fall in den Weg stellen sollte. Besser ist es, sofort über 110 die Polizei zu informiere­n.

Werden die älteren Menschen nach einem misslungen­em Betrugsver­such besonders betreut, weil sie sich vielleicht in ihrem Haus/ihrer Wohnung unsicher fühlen?

Gilleßen In diesem Fall werden meine Kollegen des Polizeilic­hen Opferschut­zes aktiv. Sie sprechen mit den Opfern und auf Wunsch auch mit den Angehörige­n, um eine Lösung zu finden. Wenn es darum geht, das Haus oder die Wohnung insgesamt sicherer zu machen, dann helfen ihnen die technische­n Fachberate­r der Kriminalpr­ävention. ANNELI GOEBELS STELLTE DIE FRAGEN.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Die Betrüger sind kreativ, machen am Telefon einen seriösen Eindruck und versuchen so, vor allem ältere Menschen hereinzule­gen.

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