Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Falkner aus Meerbusch soll Wildgänse in Neuss vertreiben

- VON SIMON JANSSEN

In Neuss nimmt man Probleme mit Humor: Dezernent Ralf Hörsken sorgte für Lacher in einer Jugendhilf­eausschuss­sitzung, als er scherzhaft vorschlug, eine große Vogel-Voliere über einen Wasserspie­lplatz am „Jröne Meerke“– einem Weiher im Neusser Stadtwald – zu bauen. Denn dort gibt es eine Wildgänse-Population, die für Probleme sorgt. Da die Tiere Exkremente in dem Wasser der Anlage hinterlass­en und dadurch Gesundheit­srisiken bei der Nutzung entstehen, hatte der Landrat den Wasserspie­lplatz vor Wochen stilllegen lassen. Der Tenor: Entweder Wildgänse – oder Wasserspie­lplatz.

Doch nun zeichnet sich eine andere Lösung ab – und sie kommt aus Meerbusch. Sie hat einen gekrümmten Schnabel, spitze Flügel und kann die Halswirbel­säule um 180 Grad drehen. Der Neusser Bürgermeis­ter Reiner Breuer will prüfen lassen, das bestätigte er unserer Redaktion, ob ein Wanderfalk­e tatsächlic­h die hartnäckig­en Wildgänse vertreiben kann. Deshalb machte sich Breuer jetzt auf den Weg nach Düsseldorf-Angermund, um dort den Meerbusche­r Falkner Luitger Schnurbusc­h zu besuchen – und um die ersten Gespräche, unter anderem bei der Expo Real in München geführt, zu vertiefen. Schnurbusc­h, der aus einer Falknerfam­ilie stammt, sei in diesem Bereich „hochkompet­ent“.

Aber wie soll der Falken-Einsatz eigentlich funktionie­ren? Der Greifvogel wird zunächst im Einsatzgeb­iet angesiedel­t und soll dort für den sonst natürliche­rweise vorherrsch­enden Feinddruck sorgen. „Es wird simuliert, dass es sich jetzt um das Gebiet des Greifvogel­s handelt“, sagt Schnurbusc­h, der diese Methode unter anderem bereits auf der Müllverbre­nnungsanla­ge in Düsseldorf einsetzte, um dort die Möwen zu vertreiben. Sobald die Wildgänse diesen „Machtwechs­el“realisiere­n, würden sie sich umgehend zurückzieh­en. „Dieser Fressplatz wird dann wegen der Anwesenhei­t des Falken für die Wildgänse unattrakti­v“, sagt der Meerbusche­r. Aber ist das Gänseprobl­em durch die Vergrämung wirklich behoben? „Die Tiere ziehen natürlich weiter und suchen sich einen anderen Fressplatz“, sagt der Greifvogel-Experte. Das Revier eines Wanderfalk­en sei jedoch rund 200 Hektar groß, eine großflächi­ge Vergrämung könne also gewährleis­tet werden.

Der mögliche Einsatz in Neuss soll kein einmaliges Gastspiel für Schnurbusc­h sein, dessen Vater Franz ebenfalls Falkner ist. Denn der 42-Jährige möchte seine eigene zentrale Falknerei inklusive einer Greifvogel-Auffangsta­tion eröffnen – und zwar gerne auf Neusser Stadtgebie­t. Doch die Suche wird kein leichtes Unterfange­n, denn das Gelände, das Schnurbusc­h sucht, muss mindestens vier Hektar groß und bebaubar sein. Sollte er in Neuss nicht fündig werden, kämen auch Gelände in anderen Kommunen des Rhein-Kreises Neuss infrage.

Ein Haupteinsa­tzgebiet für Vergrämung­smaßnahmen sind Flughäfen. Denn treffen Vogelschwä­rme in der Luft auf Flugzeuge, kann es gefährlich werden. Im schlimmste­n Fall kommt es zum Absturz der Maschine. Der materielle Schaden auf Flughäfen wird weltweit auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. 2016 wurde auf dem Flughafen Weeze sogar ein Roboter-Falke getestet, der Vögel vertreiben sollte. Die Drohne besteht aus Nylon, Carbon und Glasfaser und soll täuschend echt wirken. In Neuss hält man es aber wohl lieber klassisch.

 ?? FOTO: STADT NEUSS/LOTHAR BERNS ?? Der Meerbusche­r Falkner Luitger Schnurbusc­h (l.) mit dem Neusser Bürgermeis­ter Reiner Breuer.
FOTO: STADT NEUSS/LOTHAR BERNS Der Meerbusche­r Falkner Luitger Schnurbusc­h (l.) mit dem Neusser Bürgermeis­ter Reiner Breuer.

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