Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Falkner aus Meerbusch soll Wildgänse in Neuss vertreiben
In Neuss nimmt man Probleme mit Humor: Dezernent Ralf Hörsken sorgte für Lacher in einer Jugendhilfeausschusssitzung, als er scherzhaft vorschlug, eine große Vogel-Voliere über einen Wasserspielplatz am „Jröne Meerke“– einem Weiher im Neusser Stadtwald – zu bauen. Denn dort gibt es eine Wildgänse-Population, die für Probleme sorgt. Da die Tiere Exkremente in dem Wasser der Anlage hinterlassen und dadurch Gesundheitsrisiken bei der Nutzung entstehen, hatte der Landrat den Wasserspielplatz vor Wochen stilllegen lassen. Der Tenor: Entweder Wildgänse – oder Wasserspielplatz.
Doch nun zeichnet sich eine andere Lösung ab – und sie kommt aus Meerbusch. Sie hat einen gekrümmten Schnabel, spitze Flügel und kann die Halswirbelsäule um 180 Grad drehen. Der Neusser Bürgermeister Reiner Breuer will prüfen lassen, das bestätigte er unserer Redaktion, ob ein Wanderfalke tatsächlich die hartnäckigen Wildgänse vertreiben kann. Deshalb machte sich Breuer jetzt auf den Weg nach Düsseldorf-Angermund, um dort den Meerbuscher Falkner Luitger Schnurbusch zu besuchen – und um die ersten Gespräche, unter anderem bei der Expo Real in München geführt, zu vertiefen. Schnurbusch, der aus einer Falknerfamilie stammt, sei in diesem Bereich „hochkompetent“.
Aber wie soll der Falken-Einsatz eigentlich funktionieren? Der Greifvogel wird zunächst im Einsatzgebiet angesiedelt und soll dort für den sonst natürlicherweise vorherrschenden Feinddruck sorgen. „Es wird simuliert, dass es sich jetzt um das Gebiet des Greifvogels handelt“, sagt Schnurbusch, der diese Methode unter anderem bereits auf der Müllverbrennungsanlage in Düsseldorf einsetzte, um dort die Möwen zu vertreiben. Sobald die Wildgänse diesen „Machtwechsel“realisieren, würden sie sich umgehend zurückziehen. „Dieser Fressplatz wird dann wegen der Anwesenheit des Falken für die Wildgänse unattraktiv“, sagt der Meerbuscher. Aber ist das Gänseproblem durch die Vergrämung wirklich behoben? „Die Tiere ziehen natürlich weiter und suchen sich einen anderen Fressplatz“, sagt der Greifvogel-Experte. Das Revier eines Wanderfalken sei jedoch rund 200 Hektar groß, eine großflächige Vergrämung könne also gewährleistet werden.
Der mögliche Einsatz in Neuss soll kein einmaliges Gastspiel für Schnurbusch sein, dessen Vater Franz ebenfalls Falkner ist. Denn der 42-Jährige möchte seine eigene zentrale Falknerei inklusive einer Greifvogel-Auffangstation eröffnen – und zwar gerne auf Neusser Stadtgebiet. Doch die Suche wird kein leichtes Unterfangen, denn das Gelände, das Schnurbusch sucht, muss mindestens vier Hektar groß und bebaubar sein. Sollte er in Neuss nicht fündig werden, kämen auch Gelände in anderen Kommunen des Rhein-Kreises Neuss infrage.
Ein Haupteinsatzgebiet für Vergrämungsmaßnahmen sind Flughäfen. Denn treffen Vogelschwärme in der Luft auf Flugzeuge, kann es gefährlich werden. Im schlimmsten Fall kommt es zum Absturz der Maschine. Der materielle Schaden auf Flughäfen wird weltweit auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. 2016 wurde auf dem Flughafen Weeze sogar ein Roboter-Falke getestet, der Vögel vertreiben sollte. Die Drohne besteht aus Nylon, Carbon und Glasfaser und soll täuschend echt wirken. In Neuss hält man es aber wohl lieber klassisch.