Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Elektronis­ches Doping am Schachbret­t

Der Werler Klaus Deventer leitet die Anti-Betrugs-Einheit, deren Arbeit von den Spielern begrüßt wird.

- VON MARVIN WIBBEKE

DÜSSELDORF Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht neue Meldungen über Doping im Leistungss­port Wellen schlagen. Besonders die Leichtathl­etik und der Radsport sind betroffen. In anderen Sportarten hingegen hört man wenig bis gar nichts vom Gebrauch illegaler Substanzen. Eine Disziplin, in der man Doping so gar nicht vermuten würde, ist Schach. Doch selbst hier gibt es Möglichkei­ten, sich unlauterer Mittel zu bedienen.

Die Schachprof­is, die vor wenigen Wochen an der 43. SchachOlym­piade im georgische­n Batumi teilnahmen, fühlten sich wie am Flughafen. Denn beim bedeutends­ten Mannschaft­swettbewer­b im Schachspor­t mussten sich die Elite-Spieler gründliche­n Kontrollen unterziehe­n, sogar mit Hilfe eines Metall-Detektors. Das alles fand unter der Aufsicht von Klaus Deventer statt. Er ist nicht nur Vizepräsid­ent des Deutschen Schachbund­es, sondern auch Leiter einer 18-köpfigen Anti-Betrugs-Einheit, die bei dem Turnier für die Überwachun­g der über tausend Spieler verantwort­lich war: „Elektronis­che Geräte wie Smartphone­s waren im Spielerber­eich strengsten­s untersagt. Auch Armbanduhr­en waren verboten.“Der Grund dafür: Bei unehrliche­n Schachspie­lern stehen elektronis­che Hilfsmitte­l hoch im Kurs. Daher sprechen die Experten von „E-Doping“.

„Wir haben quasi eine Funktion wie die Staatsanwa­ltschaft. Wir leiten Untersuchu­ngsausschü­sse, die dann Fakten sammeln und melden das schließlic­h bei der Ethik-Kommission“, erklärt der 60-jährige Jurist aus Werl. Zudem prüft seine Einheit, ob unbegründe­te Vorwürfe gegen einen Spieler vorliegen.

Ein wichtiges Hilfsmitte­l beim Betrügen sind Schachprog­ramme, die mittlerwei­le jeden der Topspieler besiegen können und auf jedem Smartphone anwendbar sind. Um möglichem Betrug vorzubeuge­n, werden die Livestream­s von den großen Turnieren immer etwas zeitverzög­ert im Internet gesendet. Somit wird es zumindest deutlich erschwert, einen Kontaktman­n an einem Bildschirm vor einem Schachprog­ramm zu haben, der über einen Knopf im Ohr die besten Züge vorsagt. Auch häufige Toiletteng­änge sind für die Kontrolleu­re ein Warnsignal, dass mit einem dort deponierte­n Smartphone getrickst werden könnte. „Man muss einfach ein Gefühl dafür entwickeln, wo jemand schummelt“, sagt der Schiedsric­hter.

Auch nach absolviert­en Spielen hat die Anti-Betrugs-Kommission noch Möglichkei­ten, die Gauner zu überführen. „Auch wir arbeiten mit den Schachprog­rammen. Jeder Zug wird verglichen, und wenn eine bestimmte Übereinsti­mmungsquot­e überschrit­ten wird, schauen wir uns das näher an“, erklärt der Vizepräsid­ent. Meistens wird dann über Nacht zusätzlich­es Beweismate­rial gesichert. Neben diesen Maßnahmen gibt es im Schach auch die ganz klassische­n Überprüfun­gen nach medizinisc­hen Substanzen. „Wir sind zu Dopingkont­rollen verpflicht­et, und die werden auch ordnungsge­mäß durchgefüh­rt“, sagt er. Ihm sei jedoch kein Fall bekannt, in dem ein Schachspie­ler positiv getestet wurde.

Bei all den Möglichkei­ten, sich einen verbotenen Vorteil zu erschaffen – Klaus Deventer glaubt an das Gute in den Spielern. „Es gibt natürlich eine Dunkelziff­er, aber in meinen Augen sind die Betrüger die Ausnahme. Die 99 Prozent der ehrlichen Spieler begrüßen unsere Anwesenhei­t und unsere Arbeit, sie finden es gut, was wir machen“, sagt er. Und damit senden sie ein wichtiges Signal, wie es auch Athleten anderer Sportarten tun, wenn sie sich für einen sauberen Sport ohne Doping, Betrug und Manipulati­on einsetzen. Denn so bliebe der Schachspor­t das, als was man ihn kennt: Als strategisc­hes Brettspiel mit festgelegt­en Regeln.

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FOTO: DPA Klaus Deventer ist stellvertr­etender Präsident des Deutschen Schachbund­es. Zudem ist er für die Anti-Betrugs-Einheit verantwort­lich. Er glaubt an das Gute in den Spielern.

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