Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Die Heiligen Drei Könige sind zu Hause
In einem Kraftakt diverser Geldgeber gelang es, die national bedeutsame mittelalterliche Skulpturengruppe des Schnitzers Henrik Douverman für das Museum Kurhaus anzukaufen und für die Region zu sichern.
KLEVE Melchior ist der älteste der weit gereisten Herrschaften. Ein distinguierter Herr mit kahlem Schädel und sehr langem Bart, der das Alter noch einmal unterstreicht. Der alte König sieht nicht mehr ganz gut und kneift die Augen zusammen, um das Kind zu fokussieren. Für die Reise hat er sich in einen schweren Mantel mit breitem Kragen gehüllt. Seine Krone hat der König abgelegt, denn er wird jetzt dem neuen Herrscher sein Geschenk überreichen und hat dafür schon das Bein gebeugt, um vor dem Knaben zu knien, der dort in der Krippe liegt und für den er so weit gelaufen ist. Das Gefäß voller Goldmünzen reicht er mit geöffnetem Deckel dem Kind an.
Die Heiligen Drei Könige Melchior, Caspar und Balthasar sind nach langer Reise angekommen. Angeführt vom ältesten, folgen Caspar und Balthasar. Caspar ist ein Herr im bestem Alter, modischer, aufwendiger gekleidet, das Haar fällt noch in Locken auf die Schulter. Balthasar 500 Jahren geschnitzt wurden. In einem gemeinsamen Kraftakt gelang es, die drei Figuren für das Museum Kurhaus anzukaufen.
750.000 Euro mussten die Klever Museumsfreunde sammeln, um das „regional verankerte nationale Kulturgut“, so Frank Druffner, stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, davor zu bewahren, dass sie nach Belgien in den Kunsthandel gingen. Neben der Kulturstiftung der Länder waren unter anderen das NRW-Kultusministerium, die Ernst-von-Siemens-Stiftung und die Kunststiftung NRW mit im Boot.
Erst 2005 hatte der damalige Klever Museumsdirektor Drs. Guido de Werd die drei Skulpturen dem genialen Kalkarer Bildschnitzer Douverman zuschreiben können, als die Heiligen Drei Könige wie aus dem Nichts plötzlich im Londoner Kunsthandel auftauchten und bei Sotheby’s versteigert wurden. Lange Jahre gehörten sie zu den Stücken des legendären Londoner Kunsthändlers Hermann Baer, die dieser partout nicht verkaufen wollte und die so der Forschung verborgen blieben.
Baer hatte in den 1930er Jahren Hitler-Deutschland verlassen müssen und soll noch einen Teil seiner Sammlung mit nach London gebracht haben können. Ob er die Heiligen Drei Könige schon aus Berlin mitbrachte oder sie später aus englischen Besitz kaufen konnte, ist allerdings ungeklärt, sagt de Werd. Jedenfalls standen sie in den Räumen Baers in der Curzon Street und wurden von dem Kunsthändler, der gerne in Pantoffeln durch seinen Laden schluffte, zur Weihnachtszeit festlich im Schaufenster drappiert, wie de Werd schreibt.
Erst Jahre nach dem Tod Baers verkauften die Erben die drei Figuren 1978 an das befreundete Sammlerpaar Judith und John Adler, die die Könige schließlich 2005 zur Versteigerung gaben. Den Zuschlag erhielt nach heißer Bieterschlacht per Telefon ein belgischer Sammler, der die Figuren wenig später nach Kleve als Dauerleihgabe ins Museum gab.
Doch das Happy End war nur von kurzer Dauer: Die Figuren wurden zum Erbfall und sollten wieder in den Kunsthandel. Das Klever Museumsteam unter Direktor Harald Kunde setzte alles daran, das nationale Kulturgut in der Region zu halten. Zumal Douverman als genialer Schnitzer am Niederrhein arbeitete, den wunderbaren Sieben-Schmerzen-Altar in Kalkar schuf, für den Xantener Dom arbeitete und dessen Figuren zu den herausragenden Stücken nicht nur rheinischer Mittelaltersammlungen zählen. Ursprünglich waren die Könige sogar farblich gefasst. Die prächtigen Farben wurden dann später aber abgelaugt und sind nur noch in den Poren nachweisbar.
Das Museum handelte mit den Erben zwei Jahre Wartezeit aus, in denen die Summe zusammen gebracht werden sollte. Man gewann die Stiftungen, es gab viele Einzelspenden aus der Bürgerschaft. „Nur weil alle an einem Strang zogen, der Freundeskreis der Klever Museen, die großen Stiftungen und nicht zuletzt die Klever Bürgerschaft, konnten wir die bis jetzt teuerste Neuerwerbung des Museums Kurhaus stemmen“, sagt Kunde.
Jetzt haben die Drei Heiligen Könige in Kleve Bleiberecht. Für immer.