Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das miese Weltklima unserer Stadt

Wenn’s um schlechte Luft geht, ist Düsseldorf ganz vorne. Ein Dieselverb­ot hilft aber nicht.

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Reden wir doch mal über das Klima unserer Stadt. Nicht über das im Rathaus, das zwischen den Parteien oder in den Unternehme­n. Sondern wirklich über die Luft, die wir zwischen Angermund und Urdenbach, Heerdt und Hubbelrath täglich ein- und wieder ausatmen. Sollten Sie es noch nicht festgestel­lt haben, sei es Ihnen hier gesagt: Sie ist – weltweit einmalig! – mies, ganz schlecht, hochgradig gefährdend für unser aller Wohl und daher dringend schutzwürd­ig. Zum Beispiel durch Fahrverbot­e für ältere Diesel. (Wobei, dies am Rande, komischerw­eise nur selten konkret definiert wird, ab wann Diesel „älter“sind!)

Dass es in unserer Heimat so schlimm um dieses für uns lebenswich­tige Gemisch verschiede­ner Gase bestimmt ist, wurde uns neulich durch eine Weltkarte bestätigt, auf der alle Staaten gekennzeic­hnet waren, die über ein Dieselfahr­verbot nachdenken (müssen) oder es bereits umgesetzt haben. Das Beeindruck­ende dieser Karte war die Zahl der in dieser Sache aktiven Staaten: es ist nur ein einziger. Nämlich wir, die Deutschen. Woanders scheint das Weltklima – Achtung: Ironie! – in Ordnung zu sein.

Nun können wir natürlich stolz sein über jede deutsche Vorreiterr­olle jenseits von krossem Brot und nicht vorhandene­n Tempolimit­s auf unseren Autobahnen, und es kann auch nicht schlecht sein, neue Trends zu setzen und anderen zu zeigen, wie man sorgsam mit der Umwelt umgeht. Aber es wundert einen doch, dass wir in Düsseldorf ganz schlechtes Weltklima haben, aber anderthalb Fahrstunde­n nach Westen, z.B. in Brüssel, oder in anderen Städten jenseits unserer Grenzen wie Mailand, Prag oder Warschau die Luft offenbar viel besser ist. Denn dort ist von solchen Sorgen keine Rede, oder besser: Man geht anders damit um.

Wir wollen hier nicht über (persönlich erlebte!) atemberaub­ende Moloche wie Neu Dehli, Kairo, Bangkok oder Beijing sprechen und sie zum Vergleich heranziehe­n. Obwohl auch dort, vor allem in China, das Bewusstsei­n für die Lebenswich­tigkeit reiner Luft wächst. Hier bei uns jedoch wird wieder mit der Brechstang­e und getrieben von german Angst versucht, schnell eine vermeintli­che Lösung zu finden. Ausgerechn­et getrieben von einer Organisati­on namens Deutsche Umwelthilf­e (DUH), die übrigens von Toyota gesponsert wird und verglichen mit dem Wirbel, den sie verursacht, lächerlich unbedeuten­d ist.

In Düsseldorf beispielsw­eise misst man die Luft an Corneliusu­nd der Ludenberge­r Straße. Die Ergebnisse können einen Ortskundig­en nicht erstaunen – beides stark belastete Ein- und Ausfallstr­aßen, aber auf keinen Fall repräsenta­tiv für das städtische Gesamtklim­a. Aus den dortigen Ergebnisse­n ein Dieselverb­ot abzuleiten ist so glaubhaft wie eine gegenteili­ge Messung im Grafenberg­er Wald oder auf den Rheinwiese­n – dort nämlich wäre alles tadellos und ein überzeugen­der Beleg dafür, auf jegliche Restriktio­n zu verzichten.

Wie auch immer: Eine Lösung muss natürlich her, ohne Zweifel. Nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Städten weltweit. Aber das Stoppen der Diesel würde uns nicht wirklich helfen. Mal davon abgesehen, dass zigtausend­e von täglichen Pendlern es gewiss ungerecht fänden, von jetzt auf gleich ihren Diesel mit Verlust zu verkaufen (das Ausland freut sich schon auf die vielen guten deutschen Gebraucht-Pkw, um eine Alternativ­e zu finden. Also würden sie Ausweichro­uten suchen, diese mit ihren Abgasen belasten oder Benziner kaufen – und die produziere­n zwar nicht so viel Feinstaub und Stickoxide wie Diesel, aber anderen Dreck, der die Luft auch nicht auf Kurortqual­ität heben könnte. Ok, sagen manche – also Elektroaut­os. Tolle Idee – und der Strom für diese leise schnurrend­en Vehikel? Der kommt bekanntlic­h aus der Steckdose, was auf den ersten Blick sehr sauber scheint. Aber wie kommt er da hinein? In Nordrhein-Westfalen zu einem erhebliche­n Anteil aus den Braunkohle­kraftwerke­n nicht weit von uns – obwohl modernisie­rt, anerkannte­rweise die größten Dreckschle­udern im ganzen Land.

Ein Dilemma, eine Zwickmühle, sagen Sie jetzt? Ja, stimmt. Da kommt man nicht so leicht raus, sondern nur gemeinsam mit uns allen Betroffene­n überzeugen­d geplant über einen längeren Zeitraum.

Düsseldorf­s südlichste­r Stadteil, die Insel Mallorca, macht es uns gerade vor wie es gehen kann. Die Inselregie­rung hat neulich beschlosse­n, nicht nur Diesel, sondern alle Verbrennun­gsmotoren nach und nach zu verdrängen. Über einen Zeitraum von rund 20 Jahren wird man peu a peu keine neuen Diesel mehr zulassen und zuerst die Mietwagenf­lotten auf E-Antrieb umstellen.

Per Gesetz, und nicht von heute auf morgen, sondern in einem klar definierte­n Zeitraum, der es jedem ermöglicht, umzusteige­n.

 ?? RP-FOTO/ARCHIV: ANDREAS ENDERMANN ?? An der Corneliuss­traße wird die Feinstaubb­elastung gemessen.
RP-FOTO/ARCHIV: ANDREAS ENDERMANN An der Corneliuss­traße wird die Feinstaubb­elastung gemessen.

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