Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Feste Regeln für ein Miteinander
Friedenspreisträger Aleida und Jan Assmann lasen im ausverkauften Heine Haus.
Es war, als ob man die Frankfurter Paulskirche in die Düsseldorfer Bolkerstraße verpflanzt hätte. Zumindest für einen Abend, als nämlich das Gelehrtenpaar Aleida und Jan Assmann zu Gast im Heine-Haus war. Lothar Schröder, RP-Kulturchef, war am vergangenen Sonntag Zeuge der Verleihung des Friedenspreises an die Assmanns gewesen und konnte daher vergleichen: „Es ist hier so voll wie in der Paulskirche. Dort aber habe ich in den ersten Reihen neun reservierte Plätze mit dem Namen Assmann gesehen. Eine auch in der Zahl beeindruckende Familie.“
Viel mehr Platz als auf dem kleinen Podium im Heine-Haus gab es auch in Frankfurt nicht. Die 71-jährige Literatur-Professorin Aleida Assmann: „Jan und ich haben uns vor der Verleihung umgesehen, ob wir bei unserer Preisrede am Pult gemeinsam stehen könnten. Es passte, aber ziemlich knapp.“Beide erinnerten sich auch lebhaft an den Tag, als sie die Nachricht von der bedeutendsten Kulturauszeichnung Deutschlands, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, erhielten. Der 80-jährige Ägyptologe Jan Assmann und seine Frau waren gerade in Berlin, als Heinrich Riethmüller (Vorsteher des Börsenvereins) anrief. Sie kannten natürlich den Namen und dachten, einer von Beiden sollte vielleicht eine Laudatio halten. Plötzlich fanden sie sich in der Situation, selbst die zu Lobenden zu sein. Es folgte die Verpflichtung zu strengem Stillschweigen bis zur öffentlichen Bekanntgabe, selbst im Kreis der großen Familie.
Die Mischung aus klugen Lebensanekdoten und akademischem Diskurs machte den besonderen Reiz dieses Abends aus. Natürlich kam dabei auch ihre Paulskirchen-Rede zur Sprache. Diese ließen die Preisträger auf einen Satz von Karl Jaspers zulaufen, dem Friedenspreisträger des Jahres 1958: „Wahr ist, was uns verbindet.“Das Zusammenleben brauche eine gemeinsame Geschichte, ein kulturelles Gedächtnis, sagte Aleida Assmann.
Und wann beginnt man, selbst zum Zeitzeugen zu werden? Erst mit 60 Jahren, so der Ägyptologe Jan Assmann, habe er gelernt, sich auch als Zeitzeuge zu fühlen: „Bis dahin kam mir meine Biografie immer total unbedeutend vor.“Seine Frau, die gerade ein Buch mit dem Titel „Der lange Schatten der Vergangenheit“veröffentlicht hat, sah sich eher in der Rolle derer, die die Zeitzeugenschaft bei anderen Menschen erforschen.
Was man aus alledem für die Zukunft lernen kann, hat Aleida Assmann kürzlich im Wiener Kindermuseum „Zoom“der nachwachsenden Generation erklärt: Wie man dies vom Verkehr, dem Sport und der Musik her kennt, braucht die Gesellschaft allgemeingültige und beständige Regeln für ein gutes Miteinander.