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Sandkastenspiele im Wilden Westen
Am Freitag startet Rockstar Games den Verkauf von „Red Dead Redemption 2“, einem spielbaren Western mit großen Freiheiten.
DÜSSELDORF Der amerikanische Bezahlsender HBO ist bekannt für seine opulenten TV-Serien, etwa die Mafia-Saga „Sopranos“und das Fantasy-Epos „Game of Thrones“. Zuletzt sorgte der Sender mit der Neuauflage eines Filmklassikers für begeisterte Zuschauer: In „Westworld“können gelangweilte Kunden in einem von Robotern bevölkerten Western-Themenpark nach Herzenslust die Sau rauslassen. Die Besucher machen all ihre verborgenen Wünsche und Gelüste wahr, seien diese moralisch auch noch so verwerflich.
Wenn am Freitag eines der am sehnlichst erwarteten Videospiele des Jahres in die Geschäfte kommt oder als Download verfügbar ist (Preis um die 60 Euro), kann diese recht verstörende Serien-Vision zumindest für Besitzer einer Playstation 4 oder Xbox One virtuelle Realität werden. Der Western-Titel „Red Dead Redemption 2“zählt zu den sogenannten Sandbox-Games (Sandkasten-Spielen). Wo andere Titel nur schwer verbergen können, dass sich der Spieler wie auf Schienen durch die Spielewelt von Aufgabe zu Aufgabe bewegt, ist der große Reiz bei dieser Form der Videospiele ihre Nicht-Linearität und ihre scheinbar grenzenlose Freiheit.
Für das Entwicklerstudio Rockstar Games und seinen Mutterkonzern Take-Two Interactive hat sich die Konzentration auf solche Sandkastenspiele längst bezahlt gemacht. Der Nettoumsatz des Konzerns lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 1,793 Milliarden Dollar (1,565 Milliarden Euro). Der Nettogewinn lag bei 174 Millionen Dollar.
Vielen gilt als Mutter aller Sandbox-Spiele der Titel „Grand Theft Auto“(Der große Autodiebstahl), ebenfalls aus dem Hause Rockstar. Auch dort liegt der Reiz insbesondere darin, sich einmal nach Herzenslust danebenzubenehmen, also etwa in jedes verfügbare Auto zu steigen und davonzufahren. Bis zum Ende des Geschäftsjahres 2018 im März hatte Rockstar 95 Millionen Mal seine jüngste Version „GTA V“verkauft, die Serie insgesamt steht für 280 Millionen verkaufte Exemplare.
Mit ihren bewussten Tabubrüchen und der oft expliziten Gewaltdarstellung zog Rockstar in der Vergangenheit den Ärger besorgter Medienwächter und Jugendschützer auf sich. Zuletzt kam noch Kritik an den Arbeitsbedingungen hinzu. „Crunch“heißt etwas verniedlichend die Phase kurz vor der Veröffentlichung, in der Mitarbeiter bis zu 100 Stunden in der Woche am Produkt feilen. Rockstar bemühte sich schnell klarzustellen, dass Mitarbeiter nicht zu solchen Arbeitspensen gezwungen würden, diese vielmehr freiwillig ableisteten.
Nicht für 100, sondern für nur 65 Stunden kann der Spieler ab Freitag in die Rolle des Gesetzlosen Arthur Morgan schlüpfen, der mit der Van-der-Linde-Gang im Jahr 1899 auf Raubzüge durch den Westen Amerikas geht, immer dicht verfolgt von Bundesagenten und Kopfgeldjägern. Der Spieler wird jagen, angeln, in Kneipen pokern, sein Pferd pflegen. Er wird entscheiden können, ob als Gangster mit Moral oder als echter Schurke – der Sandkasten macht’s möglich.