Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Der ÖPNV muss günstiger werden
Diese Idee hat der Rheinbahn bundesweite Aufmerksamkeit beschert: Das Düsseldorfer Nahverkehrsunternehmen hat ein besonders Angebot entwickelt, um Fahrer von Diesel-Pkw zum Umstieg auf Bus und Bahn zu überzeugen. Wir haben die Abwrackprämie ausprobiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist der Deal?
Wer seinen Diesel-Pkw verschrottet und den Nachweis der Rheinbahn vorlegt, erhält für ein Jahresabo wahlweise die Dauerkarte Ticket 1000 oder das Ticket 2000 (das zusätzliche Leistungen wie Übertragbarkeit oder Fahrradmitnahme bietet) zum halben Preis. Auch erhältlich sind die etwas günstigeren Varianten, die erst ab 9 Uhr gelten, also für Fahrgäste interessant sind, die zu den Stoßzeiten im Berufsverkehr nicht regelmäßig unterwegs sind. Die Rheinbahn hatte das Angebot erstmals im vergangenen Jahr gemacht, als das Thema Diesel-Fahrverbote heiß diskutiert wurde, inzwischen ist es wieder erhältlich.
Wie funktioniert das Angebot in der Praxis?
Die Rheinbahn will den Verschrottungsnachweis und den Fahrzeugschein sehen. Das heißt: Das Auto muss wirklich verschrottet werden, ein Verkauf gilt nicht. Außerdem muss es für mindestens drei Monate auf den Interessenten zugelassen gewesen sein. Die Schadstoffklasse spielt keine Rolle. Die Dokumente müssen in einem der Kundenzentren der Rheinbahn vorlegt werden. Das lief in unserem Praxistest reibungslos – auch wenn der Mitarbeiter im Kundencenter einräumte, dass es der erste Antrag auf die Abwrackprämie sei, den er bearbeitet. Ein Hinweis darauf, dass das Angebot bislang wenig Nachfrage findet – was auch aus Rheinbahn-Kreisen bestätigt wird.
Rechnet sich das Angebot für Autobesitzer?
Für das Umweltgewissen und das Karma vermutlich schon. Finanziell leider nur in Ausnahmefällen. Rechnen wir mal durch: Das Ticket 1000 kostet 67,13 Euro pro Monat im Abo in der Düsseldorfer Preisstufe A3, also 805,56 Euro pro Jahr. Wer das 50-Prozent-Angebot nutzt, spart folglich 402,78. Das Ticket 2000 schlägt im Abo mit 75,30 Euro zu Buche. Macht 903,60 Euro pro Jahr und damit eine Ersparnis von 451,80 Euro.
Das Problem: So viel Geld ist das nicht. Denn selbst schrottreife Autos haben einen ähnlichen Gegenwert. In der Regel bekommt man selbst für alte Möhren noch ein paar Hundert Euro von einem Exporthändler. Wer das Rheinbahn-Angebot in Anspruch nehmen will, muss das Auto hingegen ohne Gegenleistung abgeben, um an den Verschrottungsnachweis zu kommen, oder sogar noch die Gebühren für die Abgabe zahlen.
Ganz zu schweigen von Diesel-Fahrern, deren Gefährt noch halbwegs in Schuss ist: Für Neuwagen und auch für Gebrauchte beim Händler lässt sich das Auto in Zahlung geben, das ist in aller Regel finanziell erheblich attraktiver als das Rheinbahn-Angebot – zumal die Händler mit der Prämie die Kunden locken wollen. Wer weiter Auto fahren und trotzdem regelmäßig Bus und Bahn nutzen will, fährt also mit dem regulären Ticket immer noch günstiger als mit der Rheinbahn-Abwrackprämie.
Bringt das Angebot etwas für die Verkehrswende?
In dieser Form vermutlich nicht. Die Idee, finanzielle Anreize zum Umstieg auf Bus und Bahn zu schaffen, wird politisch derzeit viel diskutiert. Dieses Angebot wirkt aber wenig ausgereift. Die Rheinbahn-Prämie hat neben dem geringen finanziellen Nutzen noch einen weiteren Haken: Das Unternehmen kontrolliert nicht, ob sich die Diesel-Besitzer nicht doch wieder ein Auto anschaffen. Es drohen also Mitnahmeeffekte ohne Auswirkung auf die Zulassungszahl.
Fazit Es ist gut, dass die Rheinbahn über neue Angebote nachdenkt. Die Diesel-Abwrackprämie wirkt aber eher wie ein Werbe-Gag – der dem Düsseldorfer Verkehrsunternehmen ja auch wirklich viel Aufmerksamkeit beschert hat. Um massenhaft Düsseldorfer zum Abschied von ihrem Auto zu bewegen, braucht es finanziell lohnendere Angebote – und natürlich vielfältige und attraktive Alternativen für die Wege durch die Stadt und ins Umland. Die Rheinbahn will Autofahrer durch Vergünstigungen zum Umstieg bewegen. Besser wäre es, wenn die Dauerkarten gar nicht erst so teuer wären. Das ist nicht die Schuld der Rheinbahn: Die Preise werden im VRR bestimmt. Und weil dort viele klamme Kommunen zusammenkommen, die nicht mehr für den ÖPNV ausgeben wollen oder können, wurde immer weiter an der Preisschraube gedreht. Das ist eine fatale Entwicklung, die sich in den Abo-Zahlen bemerkbar macht. Der ÖPNV muss günstiger werden. Nur so gewinnt er Fahrgäste.