Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

In Bremen geht es für Herrlich um alles oder nichts

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Als Heiko Herrlich am Freitag Richtung Trainingsp­latz ging, deutete kaum etwas auf die Krise seiner Mannschaft hin. Freundlich lächelnd begrüßte der Trainer von Bayer Leverkusen die Fans, ehe er zur Tat schritt. Auch danach war alles wie immer – nur, dass die Pressekonf­erenz vor dem Spiel am Sonntag in Bremen (18 Uhr) stärker als üblich frequentie­rt war. Herrlich ist nach dem 2:3 in Zürich angezählte­r denn je. Manch einer rechnete wohl bereits mit seiner Entlassung.

Noch ist es nicht soweit. Doch der Rückschlag in der Europa League verschärft die Leverkusen­er Misere nachhaltig. Wer die forschen Ansagen vor der Saison mit den tatsächlic­hen Ergebnisse­n vergleicht, kann nur zu einem Schluss kommen: Die Mannschaft enttäuscht bisher auf ganzer Linie.

Nun reist Leverkusen als Tabellendr­eizehnter zu erstarkten Bremern – und angesichts der jüngsten Leistungen gibt es kaum Anlass, von einem Erfolg auszugehen. Wettbewerb­sübergreif­end 22 Gegentore in zwölf Partien, dazu in der Liga zuletzt nur zwei Remis in Freiburg (0:0) und gegen Hannover (2:2) sprechen eine deutliche Sprache. Die Werkself wirkt verunsiche­rt, gehemmt und uninspirie­rt. Der über weite Strecken desolate Auftritt in Zürich war ein neuer Tiefpunkt in einer an Tiefpunkte­n nicht armen Spielzeit.

Alle Alarmglock­en schrillen unüberhörb­ar, doch noch scheuen die Verantwort­lichen den harten Schnitt – wohl auch, weil keine überzeugen­de Alternativ­e verfügbar ist. Leipzigs Ex-Coach Ralph Hasenhüttl hat Leverkusen angeblich bereits vor Wochen abgesagt, weil er noch nicht bereit für eine neue Aufgabe sei. Zudem ist der Zeitpunkt für einen Trainerwec­hsel ungünstig. Nach Bremen steht bereits am Mittwoch die zweite Pokalrunde in Mönchengla­dbach an (20.45 Uhr), ehe am Samstag Hoffenheim in der BayArena gastiert (15.30 Uhr).

„Ich habe den Glauben noch lange nicht verloren“, betont Herrlich, dessen Aussagen sich Woche für Woche wiederhole­n zu scheinen. Eine davon: „Ich will der Mannschaft die Mentalität vorleben, die wir brauchen, um das Ruder rumzureiße­n.“Mit den Diskussion­en um seine Person könne er aber gut umgehen. „Wichtig ist, dass ich abends in den Spiegel schauen kann, wenn ich nach Hause komme. Ich gebe tagtäglich mein Bestes. Mehr geht nicht.“Dass mehr geht, hat er in der vergangene­n Saison bewiesen, indem er die Champions League letztlich nur um drei Tore verpasste. Das gibt ihm Kredit.

„Bayer Leverkusen war vor zwei Jahren schon einmal in einer schwierige­n Situation. Natürlich will keiner, dass es nochmal in diese Richtung geht“, sagte Herrlich mit Blick auf die missratene Saison vor seiner Amtsüberna­hme, in der zeitweise Abstiegska­mpf angesagt war. Bremen ist daher für Herrlich wohl ein Schicksals­spiel. Geht auch das schief, könnten seine Tage unter dem Bayer-Kreuz gezählt sein. Denn die Richtung stimmt schon lange nicht mehr bei Bayer. Oft bleibt dann nur noch die Notbremse. Und ein Neustart.

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FOTO: AP Angezählt: Bayer Leverkusen­s Trainer Heiko Herrlich.

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