Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
City-Planer kritisiert das Ingenhoven-Tal
Juan Pablo Molestina hat den Wettbewerb zur Gestaltung des Gebiets Kö-Bogen II gewonnen. Mit der Umsetzung ist er nur in Teilen zufrieden. Den Einkaufspalast am Gründgens-Platz hält er für zu groß. Er spricht vom „Alpen-Tal“.
Wenn das Werk vollbracht ist, betrachtet der Planer es und zieht Bilanz: Ist es gelungen, sind die Erwartungen erfüllt? Der Architekt Juan Pablo Molestina antwortet auf diese Fragen, wenn er die neue Düsseldorfer Innenstadt anschaut, mit Jein. Er hat mit dem Grünplaner Thomas Fenner 2009 den Wettbewerb um die Gestaltung der Innenstadt im Zuge von Kö-Bogen II gewonnen. Nun zieht Molestina eine gemischte Zwischenbilanz. „Grundidee war die Verbindung fußgängergerechter Orte und Plätze. Es ist nicht so wirklich zu erkennen, ob der Leitgedanke der Planung umgesetzt wird.“
Molestina hat in Köln sein Büro, ist aber seit fast 20 Jahren Professor in der Landeshauptstadt, seit acht Jahren amtiert er als Dekan der Peter Behrens School of Arts der Hochschule Düsseldorf. Er kennt die Stadt gut und eines seiner Hauptziele war, „die DNA eines Stadtorganismus, der gut funktioniert hat, wiederzubeleben“. Heute, so lässt sich resümieren, stellt er ein Süd-Nord-Gefälle fest. Rund um die Johanneskirche und am Ende der Kö funktioniert die Stadtreparatur, am Ingenhoven-Tal gibt es Zweifel. Molestina orientierte sich am Düsseldorf aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, durch Zerstörung, Um- und Neugestaltung ist vieles verlorengegangen.
Am Martin-Luther-Platz sieht Molestina seine Idee gut umgesetzt. Wenn er von DNA spricht, dann denkt er an den Königplatz. Den gab es dort im 19. Jahrhundert, und er war riesig. Er reichte vom Justizministerium bis zur Achse, die sich aus einer Verlängerung der heutigen Immermannstraße ergäbe. Der Platz war leer – erst ab 1875 baute man darauf die Johanneskirche. Sie passte von Größe und Proportion perfekt dorthin, der Platz inszenierte die Monumentalität des Baus. Von der Anlage her ist die Johanneskirche eine Kirche nordischen Typs, im Süden dagegen, etwa in Italien, sind die Gotteshäuser oft in den Fassadenverlauf der Blöcke integriert. Das Interessante heute: Just da, wo die Menschen vor dem neuen Gastro-Pavillon auf dem Martin-Luther-Platz sitzen, endete einst der Königplatz. Wo die Außenkante des Gastro-Pavillons (den Molestina geplant hat) verläuft, standen vor 150 Jahren Wohnhäuser und rahmten den Platz. Dass die Menschen den Pavillon vom ersten Tag an so gut angenommen haben, hat für Molestina auch mit den Wegebeziehungen und der Wirkung des Raums zu tun. Die DNA wirkt offenbar, der Pavillon ist ein Fossil in neuer Haut.
Der Wettbewerb umfasste die süd-nördliche Achse von der Kirche bis zum Hofgarten, vom Osten (Schadow-/Bleichstraße) reichte das Plangebiet bis zum Westen zur Kö. Nur wenige Meter vom Pavillon entfernt befindet sich für Molestina eine wichtige Fehlstelle. An der Tuchtinsel sieht sein Plan einen Hochpunkt vor. So wie an der Heinrich-Heine-Allee vor Kopf das Wilhelm-Marx-Haus einen Orientierungspunkt bietet, soll den Passanten und Autofahrern auf der Berliner Allee ein Hochhaus die städtebauliche Struktur verdeutlichen. Die Stadt machte einen Rückzieher, auch sind sich die Eigentümer der Immobilien dort nicht einig.
Ein Stück weiter des Wegs gesellen sich zur Wahrnehmung des Preisträgers Skepsis und Enttäuschung. Dass am Gustaf-Gründgens-Platz ohne echten Wettbewerb der Entwurf Christoph Ingenhovens das Rennen machte, bedauert Molestina, dessen Planung dort mehrere Einzelgebäude vorsah. „Dazwischen Gassen, durch die man auf den Platz gelangt. Das passte maßstäblich.“Der Einkaufspalast mit der 111 Meter langen Glasfassade an der Schadowstraße und den begrünten Seiten, der jetzt entsteht, fällt ihm zu groß aus. Die Belebung des Platzes werde so nicht gelingen, „da können Sie noch so viel Wasser darauf sprudeln lassen“. Er frage sich, warum ein „Alpental“für Düsseldorfs wichtigsten Kreuzungspunkt die richtige Lösung sei. Das Grün kaschiere Baumasse und habe eine Alibi-Funktion. „Ich stelle infrage, ob man jede Baumasse in jede Kubatur packen kann, solange sie grün wird.“
Anderes erfreut Molestina. Das Wichtigste: Der Tausendfüßler, der die Innenstadt in einen prosperierenden (zur Kö) und einen problembehafteten (zum Hauptbahnhof ) Teil getrennt habe, sei fort. Die positiven Wirkungen seien allenthalben zu beobachten. Und wie am Martin-Luther-Platz zeigten Raumwirkung und Nutzung, dass Ideen aufgegangen seien. Die Verlängerung der Landskrone zur Kö gehört dazu, die Nutzung von Plätzen als Aktionsraum etwa am Schadowplatz und zwischen Libeskind-Bauten und Kö. Dort ist viel Platz, und Molestina macht es Spaß zu sehen, wie Fußgänger und Radler dort miteinander auskommen. „Es funktioniert auch ohne Schilder.“Es muss halt gut geplant sei.