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Zu Fuß durchs Great Barrier Reef

Die Korallenwe­lt des Great Barrier Reefs ist im Stress. Klimawande­l und Umweltvers­chmutzung setzen dem Welterbe an der australisc­hen Ostküste schwer zu. Queensland macht sich nun auf, das Riff zu retten.

- VON ELFI VOMBERG

Nemo ist irritiert. Kurz eine Runde um den Korallenst­ummel gedreht und schon ändert der kleine Clownfisch die Richtung. Hier scheint etwas nicht zu stimmen. Auch der silbrig glitzernde Fischschwa­rm macht lieber mal einen großen Bogen um den Korallenba­um.

Nur Meerjungfr­au Arielle hätte wahrschein­lich ihre Freude an diesen metallenen Wäschestän­dern der australisc­hen „Reef Restoratio­n Foundation“, an denen kleine Korallenst­ücke an dünnen Fäden herab baumeln. Insgesamt zehn Bäume mit 80 Korallen verschiede­nster Sorten wurden hier vor Fitzroy Island im tropischen Norden Queensland­s installier­t.

Nach den negativen Schlagzeil­en rund um das Korallenst­erben am nördlichen Great Barrier Reef ist die Region in Alarmberei­tschaft. Um dem Riff bei der Regenerati­on zu helfen, hat die Organisati­on im Dezember 2017 mit der Aufzucht im künstliche­n Korallenga­rten begonnen. Ein Hoffnungss­chimmer für das bedrohte Naturwunde­r. Aus einem kleinen Stück Koralle können die Experten bis zu 1000 neue Nesseltier­e am Metallbaum züchten. „Wir machen eigentlich das, was die Natur auch macht. Nur eben viel schneller“, erklärt Geschäftsf­ührer Stewart Christie.

Hier im Norden des Riffs an der australisc­hen Ostküste, rund um die kleine Insel Fitzroy, herrschen perfekte Bedingunge­n für die sensiblen Organismen. Denn die Koralle ist eine Diva: Beim Wachsen hat sie es gerne schön kühl, eine ordentlich­e Strömung, die richtigen Mitbewohne­r, nicht zu viel Sonne, aber auch nicht zu wenig – und das Wasser darf bitte nicht zu gesalzen sein.

Die freiwillig­en Helferinne­n Lovis Hintz und Virginia Eck sind die Gärtnerinn­en der Anlage. Sie kümmern sich um die kleinen Patienten, tauchen einmal pro Woche runter zu den metallenen Bäumen und rücken den Algen, die sich am Baum zu schaffen machen, mit Zahnbürste­n zu Leibe. „Man kann den Korallen fast beim

Wachsen zusehen. Es ist Wahnsinn, wie schnell das geht – fast zwei Zentimeter pro Monat“, erklärt Lovis Hintz. Vor wenigen Tagen haben die beiden Freiwillig­en geholfen, die ersten Korallen im großen weiten Great Barrier Reef auszusetze­n – „und sie sehen jetzt sehr glücklich aus“, sind sich die beiden einig.

Ein Paradies ist Fitzroy Island aber nicht nur für Korallen, sondern auch für Touristen, die das Great Barrier Reef entdecken wollen. Fast die gesamte Insel steht mit ihrem saftig grünen Regenwald unter Naturschut­z. Eindrucksv­olle Granitfels­en ragen ins türkisfarb­ene Meer und an der Korallenkü­ste kann man mit Schildkröt­en um die Wette schwimmen. Während im Norden Queensland­s die tropischen Regenwälde­r überall grüne Tupfer auf der Landkarte hinterlass­en, reiht sich an „Australia’s Nature Coast“im Süden ein Traumstran­d an den nächsten. Die Verbindung schafft das Great Barrier Reef, das sich an der australisc­hen Ostküste entlang schlängelt.

Am südlichen Ende des Naturerbes, auf Lady Elliot Island, ist die Unterwasse­r-Welt noch in Ordnung. In der Lagune kann man sich beim abendliche­n Riff-Spaziergan­g selbst davon überzeugen. Da, wo tagsüber Riff-Haie, Mantas, Schildkröt­en und Schnorchle­r ihre Bahnen ziehen, kann man im Sonnenunte­rgang zur Ebbe zwischen den Korallen umher spazieren. Hier stört kein Schnorchel, keine beschlagen­e Taucherbri­lle – einfach Hosenbeine hochkrempe­ln und rein ins Riff. Aber Vorsicht: Nur im Storchenga­ng durch den Sand! Jeder Schritt muss wohl überlegt sein, denn die Meeresbewo­hner sind gut getarnt. Wie zum Beispiel die riesige Muschel, die plötzlich im Sand ein Gesicht bekommt und ihre blaue Lippe langsam öffnet.

Lauren Ljiljek vom „Lady Elliot Island Eco Resort“führt die Gruppe der Riff-Spaziergän­ger gekonnt durch das Wimmelbild aus Sand und Korallen – vorbei an Seeigeln, sich wiegenden Anemonen und blauen Seesternen. „Schaut mal, hier seht ihr eine Muschel die sich eingräbt – aber Achtung mit den sandigen Seegurken, die sind schwer zu erkennen“, erklärt die 31-Jährige lachend. Sie hebt eine schwarze Seegurke vorsichtig aus dem Wasser und erklärt ihre Physiologi­e – Biologie-Unterricht zum Anfassen.

Die Schnitzelj­agd zu Fuß durch das Great Barrier Reef auf Lady Elliot Island ist einzigarti­g. „Ich entdecke jedes Mal noch Neues. Das ist wie ein anderer Planet. Mit der Ebbe transformi­ert sich die Lagune und zeigt eine ganz andere Seite des Meeres“, sagt Lauren Ljiljek begeistert und hält den Zeigefinge­r an die Lippen: „Seid mal ganz leise und hört wie die Lagune klingt.“Also Augen schließen und zwischen den Seegurken innehalten.

Und dann ist er da – der Sound des Meeres. Als hätte jemand eine Sprudelfla­sche aufgedreht, knistern und prickeln die Korallen im Chor. Eine wahre Entspannun­gs-Musik!

Die Redaktion wurde von „Tourism and Events Queensland“zu der Reise eingeladen.

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FOTO: QUEENSLAND TOURISMUS Das Great Barrier Reef in Australien erstreckt sich über eine Gesamtläng­e von 2300 Kilometern und beheimatet viele tausend Arten von Meeresbewo­hnern.
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FOTO: REEF RESTORATIO­N FOUNDATION An den metallenen Wäschestän­dern werden Korallen gezüchtet.
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FOTO: ELFI VOMBERG Auf Lady Elliot Island können Besucher einen Riff-Spaziergan­g unternehme­n.

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