Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Much – Cowboy auf der Seiser Alm

Michael Tirler ist „der Much“– und den Sommer über in der Saltnerei Saltria für 400 Rinder und 30 Pferde verantwort­lich.

- VON VERENA WOLFF

Scharf klingt der Hieb der Peitsche aus dem Wald. Und gleich noch einmal das Echo, irgendwo unterhalb des Plattkogel­s. Und dann: erstmal nichts. Die Kühe auf der Weide rupfen am Gras und muhen vor sich hin, es werden immer mehr an diesem Vormittag. Plötzlich herrscht Aufregung auf der Seiser Alm. Aus allen Richtungen scheinen auf einmal Pferde herbeizuga­loppieren, sie alle treiben Vieh vor sich her – manches störrische­r, anderes weniger. Auch Männer und Frauen kommen aus den umliegende­n Wäldern, sie helfen beim Zusammentr­eiben der Rinder. Und mittendrin: der Much.

Michael Tirler ist der junge Mann, der den Sommer über für die Tiere in der Saltnerei Saltria zuständig ist. Er, den hier alle „Much“nennen, muss dafür sorgen, dass es den Kälbern, den Müttern und den anderen Rindern gut geht, die im Bereich der Saltnerei weiden. „Das kann schon ein gefährlich­er Job sein“, sagt der 29-Jährige, der seine Zeit am liebsten auf der Alm verbringt. Schlaksig sieht er aus, ein bisschen schüchtern scheint er. Doch wenn er auf seinem Pferd steht und die Peitsche hoch über seinem Kopf schwingt, dann ist er sich seiner Sache sicher. Seit fünf Jahren schon ist er die rechte Hand von Saltner Alexander Ciabattoni – Ende nicht in Sicht.

„Die Arbeit macht mir Spaß, man ist bei den Tieren, in der Natur“, sagt der Much. Etwas Schöneres kann sich der gelernte Tischler nicht vorstellen. „Wenn am Abend alle Gäste wieder zurück in ihre Hotels wandern und wir hier oben ganz allein sind, dann ist die Welt in Ordnung.“Allerdings: „Wenn man eine Familie hat, muss man die Arbeit aufgeben – das verträgt sich nicht“, sagt er. Früher war es den Saltnern sogar verboten zu heiraten. Denn: Die Tiere zu hüten ist ein Vollzeit-Job. Morgens reitet er auf die Weiden und schaut nach dem Rechten, „da bin ich bis mittags unterwegs“. Und abends setzt er sich noch einmal auf sein Pferd und dreht eine Runde. „Alle paar Tage muss ich jedes Tier gesehen haben“, sagt er. Mehr als 400 Rinder und gut 30 Pferde betreut er auf der Gemeinscha­ftsalm, ein alter Brauch in Südtirol. „Das geht noch auf Maria Theresia zurück“, erläutert Sepp Hofer. Er ist Obmann der Alminteres­senschaft und kennt die Saltnereie­n seit seiner Kindheit.

Mitte Juni bringen die Bauern ihr Vieh in die Obhut des Hirten, Anfang September ist dann der Heimtrieb zurück zur Saltnerei. Gut eine Woche haben die Bauern dann Zeit, ihr Vieh wieder abzuholen und in den heimischen Stall zu treiben.

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FOTOS (2): VERENA WOLFF Scharf klingen die Hiebe der Peitsche über die Almwiese: Michael Tirler treibt die Herde zusammen.
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Seit sechs Jahren arbeitet Michael Tirler in der Saltnerei.

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